Von Carriacou ins südliche Grenada

Diesen Morgen war bereits um 05:30 Tagewache, da ich einen 8Stunden-Segeltag vor mir habe und ich nicht bei tiefem Sonnenstand in eine Bucht mit Korallenriffen einlaufen will. Nach meinem Müesli-Z'morge bereitete ich die KYORY für die heutige Etappe in die Le Phare Bleu-Marina vor. Diese Marina liegt im Süden von Grenada, direkt neben Calivigny Island. Diemal gab es wieder eine kleine Verzögerung, weil ich beim durcharbeiten der "Anker auf-Checkliste" den Motor-Seewasserfilter mit zu einem Drittel mit Seegras gefüllt vorfand. Also wurde dieser Vetus-Filter noch schnell gereinigt, liess anschliessend den Motor und das Getriebe warm laufen und zog, da wenig Wind herrschte, auch noch gleich das Grosssegel auf. Um 07:10 ging es endlich Anker auf und während ich langsam aus der Tyrrel Bay hinaus tuckerte liess ich auch noch die Genua ausrauschen und stellte gleichzeitig den Motor ab. Übrigens zog ich dann diese beiden voll gesetzten Segel erst wieder vor der Ansteuerung des Salines Caps unterhalb von St. George’s ein. Ohne Motorenlärm gleitete die KYORY vorerst bei nur 3 Bft auf etwa 220° in Richtung SW. Nach etwa einer Stunde frischte es auf 4 Bft auf und in den drei mich in den kommenden Stunden kreuzenden Squalls erreichten wir dank Böen von gegen 20kn eine Geschwindigkeit von zeitweise knapp 8kn. Vor dem Diamond Rock und Ronde Island präsentierte sich die See infolge hier herrschenden Tidenkabbelungen ein wenig unruhig. Bei der Törnvorbereitung zu diesem heutigen Tag hatte ich mich entschieden, den nur einige Meter unter der Wasseroberfläche tätigen Vulkan (letzter Ausbruch im 1989) mit nur etwa 0.8sm zu queren. OK, ich gebe es zu, es wurde mir während den nächsten Minuten schon ein bisschen mulmig im Magen! Übrigens wurde dieser Passageteil infolge der kabbelnden See und des Unterwasservulkans mal auf den Namen „Kick’em Jenny“ benannt. In dieser Phase musste ich teilweise wegen der ebenfalls starken Strömung, über 20° Vorhaltewinkel steuern. Fairerweise muss ich aber hier „steuern lassen“ festhalten, denn fast den ganzen Segeltag über führte mich der Autopilot "Knurri" problemlos gegen Süden. Eigentlich wird uns Skippern in den Revierführern empfohlen, diese „Kick’em Jenny“- Gefahrenzone weiträumig im Osten um Ronde Island zu umfahren. Sei’s wie’s ist, viele Segler wählen die gleich Route wie ich, also direkt über oder knapp am Unterwasservulkan vorbei. So ab 10:00 liess ich dieses Gefahrengebiet sukzessive hinter mir und näherte mich der NW-Küste von Grenada. Natürlich hatte sich zwischenzeitlich mein Magen wieder beruhigt und beim Segeln der Lee-Küste entlang nach Süden, liess ich mich auf ein kleines „Rennen“ mit einem Katamaran und einem Einrümpfer ein. Dabei schlug sich meine KYORY, mit ihren doch fast 20t Gewicht, bis nach St. George’s runter sehr tapfer und wir drei segelten nie mehr als 2sm auseinander!
Kolumbus entdeckte übrigens Grenada am 15.8.1498, dies während seiner dritten Westindienreise. Grenada, auch Gewürzinsel (die Muskatnuss ist ihr Wahrzeichen) genannt, hat wie alle Inseln in der Karibik eine aufregende Geschichte mit vielen Kriegen hinter sich. Auch hier wechselten sich die Engländer und Franzosen mehrmals als Besitzer ab. Während den Gefechten 1750 wurde die letzten Caribbean, als eigentliche Bewohner der Insel, von den Franzosen komplett aufgerieben. Auf der Flucht stürzten sich damals vierzig Caribbean von der Steilküste bei Sauteurs von einem Felsen, um so der Gefangenschaft zu entgehen. 1783 wurde dann Grenada den Briten zugesprochen und seit 1877 besitzt Grenada den Status einer britischen Kronkolonie. Noch einmal kam Grenada in die Schlagzeilen der Weltpresse. Als in den 1980er Jahren der Marxist und Kuba-Freund Maurice Bishop in der "grossen Politik" mitmischen wollte und dabei der Staatsapparat ausser Kontrolle geriet. Mit Unterstütztung von Dominica und St. Vincent besetzten die USA kurzfristig die Insel. Seit diesen Jahren liegt die Regierungsgewalt bei einer konservativen Regierung und es kehrte Ruhe ein. Die Insel mit etwa 100.000 Einwohnern, wird geprägt von steilen grünen Vulkanbergen, die mit undurchdringlichem tropischem Regenwald bedeckt sind. Der Muskatnussanbau entspricht etwa 30% der Weltproduktion und daneben werden auch andere Gewürze wie Nelken, Zimt sowie Kakao angebaut und exportiert. Aufgrund ihrer natürlichen Schönheit und das wirklich überaus freundliche und hilfsbereite Wesen der Bewohner ist die Insel bei Landurlaubern und vor allem auch bei uns Seglern sehr beliebt.
Beim passieren der Dragon Bay hatte ich noch einen überraschenden VHF-Aufruf der Ocean Rainbow, deren Crew sich gemerkt hatte, dass ich etwa um die Mittagszeit auf ihrer Höhe vorbeisegeln würde. James erzählte mir begeistert von ihrem schnorcheln über dem Unterwasser-Skulpturenpark und informierte mich, dass auch sie morgen in den Süden von Grenada weiterfahren würden. Also wird es sicher bald wieder ein Wiedersehen geben. Da es querab von St. George’s mit 4 Bft immer bockiger wurde, entschied ich mich um 13:30, vor dem passieren des Cap Salines, die Segel runter zu holen. Dies war ein weiser Entscheid hatte ich doch noch vor der Umrundung des Caps und Glover Island, bis zur Einfahrt in die Phare Bleu Bay voll gegen den Passat anzuknüppeln. Entlang dieser Südküste liegen in kurzen Abständen Bucht an Bucht nebeneinander. Wobei all diesen Einbuchtungen Klippen und enge Riffe vorgelagert sind, was die Navigation für uns Segler nicht gerade erleichtert. Aber immerhin finden wie hier sichere Ankerplätze, auch wenn mal ein Starkwind bläst. Und auf diesen 12° nördlicher Breite liegt man eigentlich statistisch gesehn ausserhalb des Hurrikangürtels. Aber eben "statistisch gesehen", denn der Hurrikan "Ivan" richtete auch hier in den südlich gelegenen Marinas im 2004 grosse Schäden an. Und aufgrund des anhaltenden Klimawandels weiss man eh nicht, wann sich wieder mal ein Hurrikan hierhin verirrt.
Bei passieren von Calivigny Island sah ich schon von weitem die besondere Attraktion und das Wahrzeichen der Phare Bleu Marina, das ehemalige schwedische Feuerschiff „VÄSTRA BANKEN“, das um 1900 in Stockholm gebaut wurde. Ich kontaktaktierte die Marina übers Handy, da ich über VHF 16 niemand erreichen konnte. Per Zufall hatte ich dann gleich Dieter Burkhalter am Phone und er schickte mir umgehend einen Marinero im grossen Dingi entgegen. In diesem zur Marina hin wohl betonnten aber schmalen Fahrwasser muss man bei der Ansteuerung auf beiden Seiten stetig gut nach Korallenriffs Ausschau halten. Aber alles ging bestens, während der Kanal-Einfahrt setzte ich noch beidseitig meine Fender aus, und an diesem Mittwoch, 19. Juni 2014 konnte ich um 15:10 die KYORY seitlich, innen am hintersten und auch von der See bestens geschützten Steg der Phare Bleu Marina fest machen!