Hätten sie es gewusst? Interessantes und Wissenswertes über Französisch Polynesien!

Da meine Blog-Leserinnen und Leser sicher einiges mehr über diese traumhafte Inselwelt von Französisch Polynesien erfahren möchten, habe ich im nachfolgenden Abschnitt aus Fachbüchern einiges Wissenswertes zusammengetragen. So vor allem über 1. Natur&Umwelt und 2. über Gesellschaft, Kunst&Kultur sowie 3. über die tragischen Atomtestversuche von 1963 - 1996 in den östlichen Atollen von Mururoa und Fangataufa! 

1. Wer kennt sie nicht, diese auf uns paradiesisch wirkenden Vulkaninseln,
    Riffe und Atolle von Französisch Polynesien! Aber wie sind diese traumhaft
    schönen Inselketten überhaupt entstanden und wie wirkt sich im Südpazifik
    der Klimawandel aus?

Ein Riff entsteht: Erstmal muss man sich die unglaubliche Tiefe des Meeresgrundes des Pazifischen Ozeans von durchschnittlich 4.000m vorstellen. Und trotz dieser Tiefe liegen hier zahlreiche Korallenriffe, Atolle und Vulkane, verstreut in seinen schier unermesslichen Weiten. Denn ein Korallenriff setzt zunächst die Existenz einer Vulkaninsel oder eines knappen Küstenabschnitts voraus. Auch muss dabei mindestens 20° warmes, sauerstoffreiches Meerwasser vorhanden sein, damit die Korallentiere gedeihen können. Diese urtümlichen Lebewesen siedeln sich meist fest auf dem Untergrund an und sondern Kalk ab, wobei dann dieser Kalk das schützende Aussenskelett bildet. Auch ist dabei eine flach abfallende Küste Voraussetzung für ihr Wachstum, denn diese kleinen Korallentiere sind lichtbedürftig und gedeihen nur bis zu einer maximalen Wassertiefe von etwa 50m. Und so baut sich dann ein solches Korallenriff um maximal 25mm pro Jahr auf.
Die dann der Küste so vorgelagerten Riffe wachsen dann allmählich zusammen, bis ein kranzförmiges, bis zu einem Kilometer breites Saumriff eine Insel umschliesst und dabei gleichzeitig die Küste abschirmt. Das Wachstum ist stets zum Meer hin gerichtet, während die Korallen nach innen, dem Lande zu, verfallen. In Mündungsbereichen von Flüssen, wo das Meerwasser getrübt und brackig ist, entstehen Einschnitte im Riff, die dann für die Schifffahrt bedeutsamen Passagen bilden. Und diese Passagen sind dann auch für uns Segler die einzigen Zufahrtsmöglichkeiten zu diesen Inseln, wobei zB Tahiti von einem hohen Saumriff umgeben ist.

Eine Welt von Atollen wächst heran: Nach dem Abklingen des Vulkanismus, der einer solchen Vulkaninsel zu deren Existenz verholfen hat, droht ihr nun sukzessive der Untergang. Mit dem Absinken der Insel versuchen die Korallen schritt-zu halten, indem sie durch das Emporwachsen auf den abgestorbenen Korallenstöcken (Motu) in die lichtdurchflutete obere Wasserschicht streben. Das nun nach aussen, dem Meer zu, wachsende Korallenriff umgibt die schrumpfende Insel mit einem natürlichen Damm. Und so entsteht dann zwischen diesem Wallriff und der Insel eine sich stetig vergrössernde Seichtwasserzone - die Lagune, ein wirklich traumhaftes kleines Paradies mit kristallklarem, türkisblauem Wasser! Bora Bora ist dabei ein typisches Beispiel für eine Insel mit einem solchen Wallriff.
Ist die Vulkaninsel schliesslich vollkommen im Meer versunken, zeugt nurmehr das kranzförmige Riff oder Atoll von ihrer einstigen Existenz. Ein solches Atoll umschliesst eine vielfach seichte, bis hundert Meter tiefe Lagune, während es nach aussen hin sofort steil zum Meeresgrund abfällt. Schmale Einbuchtungen, Rinnen und Passagen, die auf Erosion und gestörtes Korallenwachstum zurückgehen, spalten solche maximal 3m über dem Meeresspiegel hinausragende Atollriffe in zahlreiche, wie Glieder an einer Perlenkette, Koralleninselchen auf.

Der verheerende Klimawandel im Pazifik: Eingangs einige Infos zum Klima, den Niederschlägen und den Wirbelstürmen im hier vorgestellten Südpazifik-Bereich von Französisch Polynesien. Dieses tropische Klima wird von den hauptsächlich mehr oder weniger stetigen Passatwinden bestimmt. Die mittlere Jahrestemperatur betrögt rund 27°C. In Meereshöhe fallen bzw. steigen die Temperaturen selten unter 18° und über 35°C.Somit sind auch die jahreszeitlichen Unterschiede im Klima weniger deutlich ausgeprägt als in anderen Regionen der Erde.
Die Niederschläge nehmen von Osten nach Westen und mit wachsender Nähe zum Äquator zu. Die Niederschläge fallen vor allem in den Sommermonaten der Südhalbkugel, also vorwiegend zwischen November und April. Charakteristisch für das Klimageschehen im Südpazifik sind die auch in diesen Sommermonaten auftreten Wirbelstürme, die hier sogenannten Cyclons. Solche Cyclone können Windgeschwindigkeiten zwischen 120 - 300km/h erreichen und werden zumeist von heftigen Niederschlägen begleitet. So ist es doch mehr als Verständlich, dass wir Segler mit unseren Segelbooten diese Cyclon-gefährdeten Gebiete zwischen November und April meiden müssen! Denn diese Wirbelstürme gehören zu den bedrohlichsten Naturgewalten, Wind und Wellen zerstören Korallenriffe, Plantagen und ganze Dörfer, sintflutartige Regenfälle, wie dieses Frühjahr in Tahiti, führen zu Überschwemmungen und tragen den ohnehin teilweise nur spärlich vorhandenen Humus ab. Dabei werden kleine, flache nicht mehr als 3m hohe Atolle völlig überspült!
Und nun trägt die durch Menschen verursachte Klimaänderung dazu bei, dass diese Bewohner der pazifischen Inseln buchstäblich ihrer Lebensgrundlage beraubt werden. Dies sind unter anderem: Überflutungen ganzer Inseln, Zerstörung von Korallenriffen und damit eingehend die fortschreitende Erosion der Inseln und Atolle sowie das Ausbleiben ganzer Fischarten sowie vor allem die Zunahme extremer Wetterereignisse!
Begleitend sollte doch jeder auf diesem Planeten endlich kapieren, dass der von Menschen verursachte globale Temperaturanstieg der erdnahen Atmosphäre in den letzten 100 Jahren 0,6-0,8°C betrug. Dabei ist anzumerken, dass hierfür vor allem die Industrienationen - und jetzt will Trump, dieser gefährliche Clown eines US-Präsidenten, auch noch zurück zur Kohlegewinnung - verantwortlich sind. Die Bewohner der pazifischen Inseln selbst tragen nur einen äusserst geringen Anteil zur Verstärkung des Treibhauseffektes bei. Die von namhaften Wissenschaftlern für die nächsten 100 Jahre erarbeiteten Szenarien, hinsichtlich der zukünftigen globalen Temperaturerhöhung schwanken, zwischen 1,3 und 4°C. Dabei erwärmt sich das Oberflächenwasser des Pazifiks aufgrund von Meeresströmungen regional unterschiedlich stark. So betrug der Temperaturanstieg in den Gewässern rund um Französisch Polynesien 0,6°, in Fiji 0,75° und in Samoa sogar 1,1°C! Der darauf zurückzuführende Anstieg des Meeresspiegels betrug im vergangenen Jahrhundert bis 20cm, wobei er sich nun aber in den letzten Jahren auf 3mm pro Jahr beschleunigt hat. Der bis zum Jahr 2100 prognostizierte Anstieg des Meeresspiegels beträgt im Mittel 48cm, wobei aber schon heute viele Wissenschaftler befürchten, dass ein deutlich höherer Wert und erst noch um einiges schneller eintreten wird! Was ein solch tragisches Szenario für die Bewohner der kaum 3m hohen Südseeinseln bedeuten würde, muss ich hier wohl nicht anführen. Aber all diese dann überfluteten Riffe und Atolle werden ganz verschwinden!

2. Was weist Polynesien speziell in Gesellschaft aus und welche Kunst und
    Kultur fasziniert uns?

Als erstes beginne ich hier mit der Thematik um „Das dritte Geschlecht“! Denn dieses eigentlich tragische Thema wird immer noch von den meisten Europäern sowie den noch prüderen US-Amerikaner erst recht - auch hier muss ich wieder Trump erwähnen, der ja nun die US-Armee von Transgendern „säubern“ will -  gerne unter den Tisch gekehrt. Darum zolle ich mit diesem Beitrag meine Hochachtung und meinen Respekt gegenüber diesen Menschen: Denn Michelle, Marie oder Stéphanie tragen Frauenkleidung, verhalten sich wie Frauen und lieben Männer. Doch manch Schöne der Nacht, oftmals sogar die Schönste, entpuppt sich als Mann! In Polynesiens Gesellschaften gehören Transgender zur Kultur - zur traditionellen wie zur modernen. Wie von mir schon in einem Reisebeitrag aus den Marquesas berichtet, werden hier im Kindesalter manche Jungen zu Mädchen erzogen und ihnen werden dann alle Arbeiten aufgetragen, die als weiblich gelten. Dies geschieht eigentlich meistens nur aus praktischen Gründen, wenn ein Ehepaar überwiegend Söhne hat und der Mutter ein Mädchen als Haushalthilfe und bei der Betreuung der jüngeren Kinder fehlt. Allmählich übernehmen diese mahu, wie sie hier in Französisch Polynesien genannt werden, ihre neue Rolle als Mädchen und später als Frau. Mahu bedeutet übersetzt „leben wie eine Frau“. Mann oder Frau? Sie verkörpern das dritte Geschlecht auf den polynesischen Inseln.
Manche kehren dann während der Pubertät in die angeborene Rolle zurück, andere fühlen sich als Frau und kleiden sich wie eine Frau. Später leben sie mit einem Mann zusammen und den adoptierten Kindern sind sie eine liebevolle Mutter. Die meisten von ihnen sind berufstätig, arbeiten häufig in der Tourismusbranche sowie als Tänzerinnen oder Sängerinnen und andere wiederum verdienen als Lehrerinnen ihren Lebensunterhalt.
Wie gross hier ihre Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft ist, wird deutlich, wenn auf einer der polynesischen Inseln und anderswo die beliebten Schönheitswettbewerbe  für Transvestiten stattfinden. Hier erscheinen sie selbstverständlich besonders gewagt, tragen schrille Modeschöpfungen am strammen Körper und gewagte Highheels - an den vielleicht doch etwas zu breiten Füssen. So ist zB die 3tägige Wahl zur Miss Galaxy, wie dieser Wettbewerb in Tonga heisst, mittlerweile die grösste alljährlich stattfindende Show des Landes!

Und wie die Polynesier die Kunst des Tanzes beherrschen, konnte ich mich ja diesen Juli anlässlich des diesjährigen „Heiva i Tahiti 2017“, ein Gesangs- und Tanzwettbewerb vor jeweils Tausenden von begeisterten Zuschauern, überzeugen. Wenn ich nur schon an die von mystischer Musik begleitenden Tanzaufführungen denke wird mir fast schwindlig, denn es waren nachhaltige und unvergessliche Eindrücke die ich sicher mal beim Verlassen von Tahiti mitnehmen werde.
Charakteristisch sind je nach Art des Tanzes, die schnellen und anmutig-graziösen Hüftbewegungen der Frauen sowie das rasche Öffnen und Schliessen der Beine mit leicht eingeknickten Knien der Männer. Die Arm- und Handbewegungen, Mimik und Körperhaltung illustrieren dabei die von einem kleinen Begleitchor gesungenen Liedertexte. Dabei dreht es sich zumeist um die immer gleichen Themen wie kriegerische Machtkämpfe, Seereisen, Fischfang, Wind und Wellen - und natürlich um die Liebe und Sehnsucht!
Das mitreissende Tempo dieser Tänze wird von der hohen Schlagfrequenz der begleitenden trommeln vorgegeben. Dabei sieht man neben den grossen Trommeln mit zwei Resonanzkörpern noch weitere fellbespannte Einzeltrommeln sowie mehrere hölzerne Schlitztrommeln, die von den Künstlern in exakt abgestimmten Rhythmen gespielt werden. Sie alle werden noch von Ukulelen und Gitarren unterstützt.
Deutlich steht bei dem von einem Paar vorgetragenen hura (in Hawaii ist es der hula) der erotische Charakter im Vordergrund. Hierbei umkreisen die Tänzer mit schnellen Beinbewegungen auffordernd ihre jeweiligen Partnerinnen, die mit schwingenden und kreisenden Hüften antworten. Diese unverhüllte Erotik der Tänzer schockierte die ersten europäischen Missionare, die per Gesetz diese traditionellen Tänze verboten. Erfreulicherweise haben diese in den vergangenen Jahrzehnten eine Renaissance erlebt und sind wieder zu einem festen Bestandteil der lebensfrohen Kultur der Polynesier geworden.
Schon bei den Kleinen steht heute Tanzen neben Englisch und Mathematik auf dem schulischen Unterrichtsplan. Denen, die ihre Hüften am wildesten und schnellsten kreisen lassen können, winkt eine Reise in die Hauptstadt oder gar ins Ausland.
Auch auf vielen weiteren Inseln werden „Dance Festivals“ durchgeführt, bei denen jeweils die besten Tänzer und Tanzgruppen ermittelt werden. Das sind immer wieder ideale Gelegenheiten, um Musik und Tanz auf den verschiedenen Inseln zu erleben. Natürlich vermitteln auch die abendlichen Floorshows der grösseren Hotels zumindest einen Eindruck von der Kunst des polynesischen Tanzes!      

Tatauierung, das tätowieren von Tattoos - eine Kunst, die unter die Haut geht:
Tattoos sind bei uns wohl eine reine Modeerscheinung, aber auf den Inseln der Südsee eine Rückbesinnung auf das kulturelle Erbe. Denn unter dem Druck der christlichen Missionare musste die Tatauierkunst auf allen von ihnen erreichten pazifischen Inseln aufgegeben werden. Doch seit den 1970er-Jahren erlebt diese uralte Tradition endlich eine Renaissance. Viele junge Menschen in Polynesien verstehen ihre Tattoos, „Bilder auf der Haut, als ein deutliches Symbol ihrer Rückbesinnung auf das kulturelle Erbe, als ein - schmerzvolles - Bekenntnis zur polynesischen Identität!
Die Tradition, die Haut mit meistens geometrischen Mustern dauerhaft zu schmücken, war seit Jahrhunderten im gesamten pazifischen Raum verbreitet. Dabei war jedoch auf den Inseln Polynesiens diese Kunst am höchsten entwickelt. So waren zB auf den Marquesas Inseln viele Männer und Frauen am ganzen Körper, einschliesslich des Gesichtes, tatauiert. Wobei diese prachtvollen Bilder in jahrzehntelanger Arbeit nach und nach entstanden sind. Jedes Bildelement, jede Linie und jede Kurve, jede Raute und jeder Kreis, hatte einen speziellen Namen sowie eine tiefere Bedeutung. So spiegeln einige Motive Ereignisse aus dem eigenen Leben wider und andere erzählen Geschichten von ihren Ahnen!

Tiki - eine göttliche Figur auf den Marquesas: Charakteristisch für die bildende Kunst der Marquesas Inseln sind die Tiki, auf Deutsch Figur oder Statue. Der Begriff Tiki bezieht sich auf den polynesischen Gott, der den ersten Menschen erschuf, sowie auf Gott der Steinmetze und Holzschnitzer. Darüber hinaus wurde ein Tiki als Symbol vergöttlichter Stammesahnen verstanden. Ein Tiki stellt eine - häufig geschlechtslose - Figur mit einem Totenkopf, Nasenstumpf und einem breiten Mund, zum Teil mit hervorquellender Zunge dar. Diese früher 3m hohen, tonnenschweren Steinplastiken wurden auf sakralen Plätzen aufgestellt und wurden in vorchristlicher Zeit vermutlich als Vermittler zwischen Göttern und Menschen angesehen. Kleinere Tiki dienten oftmals als Familienschutzgötter.

Die Kunst des Bootsbaus und der Navigation: Wie beim Hausbau waren die Polynesier schon vor hunderten vor Jahren auch beim Bau ihrer grossen hochseetauglichen, bis 80 Passagiere tragenden Doppelrumpfboote „Piroge“ oder der kleineren Auslegerboote „Fa’a“ ausschliesslich auf pflanzliche Materialien angewiesen. Die ganze Konstruktion solcher Boote, mit denen mehr als 1.000km auf offener See zurückgelegt werden konnten, hielt ohne Nagelung nur durch das Zusammenbinden der einzelnen Plankenstücke mit Kokosfaserschnüren! Als zusätzliche Abdichtung wurden Baumharzen genutzt.
Die grossen Mattensegel wurden aus den Palmenblättern geflochten. Zu Recht wurden diese mit vergleichsweise einfachen Mitteln und technischen Möglichkeiten gefertigten Auslegerboote Meisterwerke der Schiffbaukunst genannt.
Begleitend gehört neben dieser Form des Bootsbaus auch die damals hoch entwickelte Kunst des zielsicheren Navigierens, für die die Polynesier einst berühmt waren. In voreuropäischer Zeit der Orientierung verhalfen den Polynesiern Sonne, Mond und Sternenbilder, aber auch Wind und Wolkenformationen, Farbe und Temperatur des Meeres, Strömungen, Wellenbewegungen sowie Verhalten von Fischen und Vögeln zu ihren grossartigen Navigationsleistungen!

Literatur in Französisch Polynesien: Damit meine ich nicht die Südseeliteratur mit Romanen die von Europäern und Amerikanern über die Südsee verfasst wurden und mehrheitlich den romantischen Südseetraum zum Thema haben. Natürlich bin auch ich in meinen Jugendjahren den Erzählungen von Herman Melville, Robert Louis Stevenson James Norman Hall und Charles Nordhoff oder James Michener erlegen. Deren Werke wie „Der Südsee“, „Die Schatzinsel“ oder „Die Meuterei auf der Bounty“ haben, nicht nur für mich, massgeblich zum Bild der Südsee in einer fernen Abenteuerwelt beigetragen.
Aber die alten Polynesier hatten keine Möglichkeit die Geschichten ihrer Ahnen aufzuschreiben, denn mit Ausnahme der Insel Rapa Nui kannten die Bewohner Polynesiens keine eigen Schrift und somit auch keine Schriftsteller, die Schrift wurde erst von den europäischen Missionaren eingeführt. Natürlich in Französisch oder woher auch immer diese Eroberer stammten, denn auch die polynesische Muttersprache wurde verboten! Zuvor wurde alles Wissen, die Mythen in Geschichten und Liedertexten mündlich überliefert und in Tänzen weitergegeben. Von einer Generation zur nächsten wurde von den Grosstaten der Ahnen, ihren Abenteuern bei der Entdeckung neuer Inseln und von der Schönheit der Heimatorte erzählt, gesungen und getanzt. Und natürlich wurde von der zumeist unglücklichen Liebe berichtet, von Abschied und Schmerz!
Und ab den 1960er-Jahren, also ziemlich zeitgleich mit der einsetzenden Entkolonialisierung - wobei dann die Polynesier auch wieder ihre Muttersprache sprechen durften - hat sich auf den Inseln Polynesiens eine eigenständige Literatur entwickelt. Die ersten einheimischen Schriftsteller begannen verständlicherweise, die alten Überlieferungen, Erzählungen und Liedtexte aufzuschreiben. Natürlich folgten bald auch erste Romane, in denen sie sich mit ihrer Identitätsfindung auseinandersetzten. Veröffentlicht wurden dann diese Werke vor allem in englischer Sprache, der Sprache einer einstigen Kolonialmacht, aber leider auch die einzige, in der sie auf den meisten Inseln verstanden wurden.

Missionars-Werbung im 18.Jh. für neue Geldspenden mit „Erbarmt euch der kannibalischen Polynesier!“: Einige Bemerkungen zum missionarischem Übereifer von Missionaren, die in Begleitung der ersten Entdecker die polynesischen Inseln besuchten. Dabei warben sie bei ihrer Rückkehr nach Europa um dringend erforderliche Spenden und Entsendung weiterer Missionare, um die „kannibalischen Polynesier …vor dem buchstäblichen einander Auffressen“ zu retten. Aber mit eigenen Augen hatten natürlich diese Missionare ein solches „Festmahl“ freilich nie gesehen. Im Gefühl christlicher Überlegenheit gegenüber solch „barbarischen Heiden“ wurden Gräuelmärchen weitergegeben oder tatsächlich praktizierte kannibalische Kulthandlungen im Namen der Kirche schamlos übertrieben.
Hintergründe und Bedeutung blieben den damaligen Berichterstattern zumeist verborgen. Dass es sich bei dem rituellen Kannibalismus um das symbolische Einverleiben der Lebenskrafteines Besiegten oder aber, wie in den meisten Fällen, um die bildhafte Wiederholung des Schöpfungsgeschehens handelte, interessierte weder Missionare, Kolonialbeamte noch Reiseschriftsteller.
Denn diese rituelle Tötung eines Menschen in Erinnerung an den Tod eines Urzeitgottes und das anschliessende feierliche Kultmahl, hätte schon früher Vergleiche zum christlichen Abendmahl aufkommen lassen können. Die sinnbildliche Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi, um sich die Gotteskraft einzuverleiben und an der Glaubensgemeinschaft teilzuhaben, ähnelt tendenziell den religiösen Vorstellungen der südpazifischen Völker, wonach durch das rituelle Mahl die Schöpfungskräfte erneuert und die Kultteilnehmer gestärkt werden sollten. - Vielleicht der Grund, warum später das Christentum derart schnell übernommen wurde! - Schmunzel, schmunzel!
Zum Schluss noch dies: Bemerkenswerterweise  war der Kannibalismus zum Zeitpunkt der europäischen Entdecker in weiten Teilen der Südsee nachweislich entweder aufgegeben oder aber häufig Menschen- durch Schweinefleisch ersetzt worden. Übrig geblieben waren oft nur noch Redensarten und Beleidigungen der jeweiligen Nachbarn, die man der „barbarischen Unmenschlichkeit“ bezichtigen wollte!


Natürlich könnte ich hier noch über einige andere ebenso interessante Polynesien-Themen was schreiben, sei es zB über Geschichte, Wirtschaft, Politik oder Essen. Aber ich lasse es mal für heute so stehen. In diesem Bericht bin ich nun einfach mal auf immer wiederkehrende Fragen von Blog-Leserinnen und Lesern ausführlicher eingegangen.

Aber zum Abschluss noch meine Liebeserklärung an die Bewohner von Französisch Polynesien!: Was mich hier in Französisch Polynesien - gerade im Vergleich zur Karibik - am meisten beeindruckt und fasziniert ist, mit welch ehrlicher Liebe, welcher Wärme und Freundlichkeit, dies begleitend mit einem stetigen Lächeln, wir auf jeder Insel von allen Polynesiern mit offenen Händen empfangen und willkommen geheissen werden! Also ich habe ja in meinem Leben während meinen vielen Abenteuerreisen durch die halbe Welt schon einige für mich unvergessliche Länder mit anderen Kulturen kennengelernt. Aber noch nie vorher so friedliebende Menschen, wie hier in diesem unvergleichlich schönen Französisch Polynesien! Dies ist für mich noch bemerkenswerter vor dem Hintergrund, was vor allem wir Europäer, seit den ersten Entdeckerfahrten vor bald 500 Jahren, doch so alles diesem einzigartigen Volk angetan haben.
Ich denke da nur an die von den weissen Entdeckern eingeführten Krankheiten wobei zB die Einwohnerzahl Tahitis zwischen 1770 und 1800 von rund 200.000 auf 5.000 (!) zurück ging, die mit Gräueltaten verbundenen kriegerischen Auseinandersetzungen bei der Eroberungen von Inselgruppen, die rigorose Vorgehensweise der Missionare ohne Rücksicht auf die polynesische Kultur, der zweite Weltkrieg mit den fragwürdigen Verhaltensweisen der Soldaten mit gravierenden einschnitten für die jeweilige Inselbevölkerung begleitend mit einer Verfremdung ihrer kulturellen Identität. Und auf den nachfolgenden Dritten und letzten Punkt, der französischen Atomtestversuche in Polynesien, bin ich gar noch nicht eingegangen! 

3. Die menschenverachtenden Atomtestversuche der Französischen Regierung auf den polynesischen Atollen von Mururoa und Fangataufa zwischen 1963 - 1996 dürfen einfach nicht in Vergessenheit geraten!

Ja, ich erinnere mich noch gut an diese Jahre und kann nicht vergessen, was die Franzosen mit ihren damaligen Atomtestversuchen auf den Tuamotu-Atollen der Polynesieschen Bevölkerung angetan haben. Denn ungeachtet jahrzehntelanger in- und ausländischer Proteste - auch ich machte damals in Zürich an solchen Protestaktionen mit - hielt Paris bis 1996 (!) unbeirrt an seinen letzten acht Testversuchen fest! Dabei brach natürlich auch der Tourismus in ganz Französisch Polynesien dramatisch ein und noch heute hat er sich nicht ganz von diesen traurigen Jahren erholt. Denn auch heute noch sind die beiden Atolle von Mururoa und Fangataufa entsprechende Sperrgebiete und dürfen auch von uns Seglern nicht angelaufen werden.
Im Vorfeld dieser Atomtestversuche wurde damals vom Französischen Militär in Rikitea eine etwa 200m lange und 20 m breite Wellblechbaracke (!) erstellt. Während den Testversuchen sollten in diesen hermetisch abgeschlossenen Baracken die Bewohner der Gambier Islands während einigen Tagen Schutz vor dem Nuklearniederschlag finden. Dies ist wirklich kein Witz und somit ist auch nachvollziehbar, dass in den Folgejahren viele der Inselbewohner an den von den Strahlungsschäden eingetretenen Krebserkrankungen frühzeitig verstarben. Da ist es natürlich verständlich, dass damals viele der Polynesier nicht mehr auf die von ihnen vorher bewohnten Inseln zurückkehrten, sondern vielfach nach Tahiti und in die Marquesas umzogen um auf deren Inseln ein neues zuhause zu finden. So sind nun seit Jahren - ausser auf Mangareva mit etwas über 1‘000 Einwohnern - nur noch wenige Inseln des Gambier Archipels - und das auch nur mit etwa zwei bis zehn Polynesiern pro Insel - bewohnt!
Begleitend tauchte mit diesen Testversuchen auch immer mehr die Ciguatera-Fischvergiftung auf. Diese Verseuchung wird über die Algen und Korallen fressenden Riff-Fische als sehr schmerzliche und leider dann auch lebenslängliche Krankheit auf die Menschen übertragen. Aus diesem Grunde haben sich zB einige unserer Seglerfreunde, wie auch Sandra und ich, entschieden nie ein Fischgericht aus den Atollen zu verspeisen!
In den 22 Jahren nach dem letzten erfolgten Atomtestversuch haben hier viele der von Krebs betroffene Polynesier, mit weltweiter Unterstützung von gemeinnützigen Organisationen, vergeblich versucht, Frankreich um die offizielle Anerkennung ihrer gesundheitlichen Schäden sowie um die Zahlung einer Invalidenrente zu bewegen! All diese Versuche und Anträge wurden bis dato von der Französischen Regierung und deren Gerichten durchwegs abgeschmettert!

Auch heute noch liegt über solche noch nicht abgeschlossene Krankheitsfälle ein „Tuch der Verschwiegenheit“! Und damit solche Fälle nicht an die weitere Öffentlichkeit gelangen ist im ganzen Gebiet von Französisch Polynesien, einzig im Gambier Atoll die Krankenversorgung inklusive Medikamenten-Abgabe kostenlos! Diese Regelung gilt übrigens auch für uns Langfahrtensegler und sicher auch für alle weiteren Touristenzu! - Wenn das kein Schuldeingeständnis ist! Und schämen sollen sich all die seit den 1960er-Jahren im Amte befindlichen französischen Regierungen!