Gambier/Pitcairn Teil 8: Anker auf am 4.4.2018 in Rikitea/Gambiers zu unserem unvergesslichen Segeltrip nach Pitcairn Island!

Heute am 4. April 2018 um 1500, genau 24 Stunden nachdem von hier aus bereits unsere Schweizer-Freunde Julian&Pauline mit ihrer Wallis nach Pitcairn los gesegelt sind, ist es an diesem etwas trüben Nachmittag bei 28°C auch bei uns soweit! Bereits haben wir Im Zeitlupentempo in den vergangenen 45 Minuten, unter deren stetigem putzen, die Ankerkette mit Anker voll eingeholt  und gleich steuerte Sandra die KYORY auf den Ausfahrtskanal zu. Bei gut 10Kn Wind aus NW und etwas bewegter See kurvten wir unter Motor um die Markierungstonnen, ähnelt fast einen Ski-Slalom, des SE-Schifffahrtskanals. Um 1615, nachdem gerade ein Squall unser Deck gewaschen hatte, konnten wir erstmals die Genua auf 90% ausrollen um etwas Halbwind zu segeln. Dabei machten wir unter der Bäru-Windfahne auf einem Kurs von 175° immerhin einen Speed von 4.5Kn. Etwas nach 1700 verliessen wir die grosse Lagune des Gambier-Archipels, wobei sich bei weiterhin nur 10Kn Wind auf allen Seiten Squalls aufbauten. Gleichzeitig nahm die Wellenhöhe aus SW auf über 1.5m zu  und bei unserem neuen Kurs von 125° mussten wir die Genua wieder einrollen. Somit ging es also bei weiterhin nur knappen 10 Kn Wind wieder unter Motor mit 5.5Kn Speed und mittels Autopilot(AP)-Unterstützung auf Pitcairn Island zu. Auch in die Nacht hinein ergaben sich Wettermässig bei nun aus SW einfallendem Wind keine grossen Veränderungen. Wie es sich zwischenzeitlich bei unseren längeren Segeletappen eingespielt hatte, übernahm ich jeweils die für uns beide flexiblen Wache-Sequenzen von 0800 - 2400 sowie von 0400 - 0900. Bei meiner ersten Wache gab es für mich um 2330 eine kleine Überraschung, denn auf dem AIS tauchte etwa 5sm vor mir die französische Segelyacht Vanille auf. Vermutlich wird diese Yacht auf dem umgekehrten Wege wie wir, dh sie steuert nach einem Pitcairn-Aufenthalt nun auf die Gambiers zu. Bei der Wache-Übergabe an Sandra in den neuen Tag des 5. April hinein, querte uns die Vanille auf etwa 3sm an BB und ihr Heading zeigte klar in Richtung den Gambiers. Mit einem von Sandra zwischenzeitlich auf 90° angepassten AP-Kurs dirigierte sie die KYORY fadengrad auf Pitcairn zu. Dann rollten wir, bei zunehmendem Wind von gegen 15Kn und gegen 2m Wellenhöhe, anlässlich unseres Wachewechsels von 0400 abermals die Genua auf 90% aus. Begleitend konnten wir gleich die Bäru-Anlage in Betrieb nehmen und ohne Motorengeräusch und AP-Knurri ging es bei 25° mit 5.2Kn, wenn auch sehr holprig, flott in den weiteren Morgen hinein und ein eindrücklicher Sonnenaufgang liess nicht lange auf sich warten. Dann reibe ich mir um 0730 wirklich 2x die Augen! Ja gibt es denn sowas, da erblicke ich auf dem Plotter diesmal gleich zwei AIS-Signale von etwa 5sm entfernten Yachten die auf mich zuhalten. Den AIS-Infos entsprechend stelle ich fest, dass es sich um die englische Yacht Sweet Chariote und um die deutsche Yacht Rebell handelt. Also das ist in diesen einsamen Weiten des E-Pazifik doch eine Riesen-Überraschung, dass mich hier in kurzen Abständen drei weitere Yachten kreuzen. Und da ruft mich über den VHF-Kanal 16 schon die Rebell auf, die die KYORY aufgrund unserer erfassten AIS-Infos als Schweizer Boot identifiziert hat. Ich unterhalte mich dann einige Minuten mit Bernd, der sich mit seiner Frau Birgit auf der Überfahrt von Pitcairn zu den Gambiers befindet. Unter anderem erzählt mir dann der Berliner Bernd, dass die mich schon gequerte Vanille wie auch die Sweet Chariote und seine Rebell morgen Mittag in Rikitea auf Mangareva einlaufen sollten. Auch befinde sich hinter ihnen noch die etwas nördlicher segelnde Yacht Seven Seas ihrer befreundeten Österreicher Robert&Veronika. Leider sei ihre 4er-Armada in den vergangenen zwei Tagen durch einige deftige über sie hinweg gezogenen Squalls arg gebeutelt geworden. Es ist für ihn dann immerhin beruhigend zu hören, dass sie nach ihrer Ankunft im Gambier Archipel mit wirklich erfreulicherem Wetter würden rechnen können. Begleitend bekamen wir von ihm noch einige ergänzende Informationen über Pitcairn Island, wobei sie während ihrem dortigen Aufenthalt leider vom Wetter her nicht so verwöhnt wurden. Auch hielt er fest, dass sie aufgrund stetig starkem Swell in der Bounty Bay nicht mit den Dingis anlanden konnten und somit auf ein Pitcairn-Zubringerboot angewiesen waren. Dabei hätten sie mehr als nur Mühe gehabt, für einen solchen Wassertaxi-Service 50USD zu bezahlen!

Nach diesem wirklich überraschenden freundnachbarschaftlichen VHF-Gespräch segelten wir mit der KYORY weiterhin unter Genua gegen SE. Da wir übrigens auf das noch vor unserer Abfahrt in Rikitea nach Pitcairn übermittelte Mail noch keinen Feedback erhielten, sandte Sandra diese Mail gleich nochmals über Sailmail an den Port of Entry in Adamstown. Ergänzend stellte in dieser Mail dann Sandra noch die Frage bezüglich den von Bernd erwähnten unklaren Wassertaxi-Kosten.
So gegen 1100 ging der Wind sukzessive wieder auf 10Kn zurück und bei weiterhin seitlich auf uns zu rollenden 2m-Wellen hatten wir keine Lust mit dann nur noch 2Kn gegen an zu hüpfen. Also rollten wir die Genua wieder ein und motorten unter AP mit 5.3Kn auf das nun noch 200sm entfernte Pitcairn zu. Dann konnten wir um 1200 ein doch erfreuliches erstes Etmal (über 21 Stunden) festhalten.
Aber dann passierte es wieder mal: Diesen Vormittag erwischte uns noch die verflixte Seekrankheit, die uns dann über die kommenden Stunden nicht gerade flach legte, aber doch etwas einschränkte. Im übertragenen Sinn des Wortes, kotzte dies uns echt an! - Ha, ha! So verbrachten wir dann den restlichen Tag und die Abendstunden sürmeld, dies meistens liegend und vor uns hindösend im Cockpit, im Salon oder in den Kojen. Auch an der Wetterlage veränderte sich weiterhin nichts und unser Nanni-Diesel trieb wenigstens die KYORY unter AP schön brav auf einem Kurs von 90° gegen SE zu. Den weiteren Tag und Abend hindurch hatten wir verständlicherweise auch keine Lust auf Essen, aber wir zwangen uns immer wieder etwas Wasser zu trinken.
Als ich kurz 2400 beim Wachewechsel in den neuen Tag des 6. April  hinein mit einer Stablampe den von uns jeweils standardmässig durchgeführten Motor- und Bilgen-Ckeck vornahm traute ich meinen Augen nicht! Auf der BB-Seite des Motors, sowie auch in dessen Öl-Auffangwanne unter ihm, hatten sich in der Bilge etwa 15Ltr. Wasser angesammelt. Verflixte Scheisse, was ist denn hier los - ich bin doch immer noch Seekrank! Aber natürlich ist in einer solchen Situation keine Jammern erlaubt und umgehend bin ich hellwach! Schnell lege ich die restlichen über dem Diesel liegenden Bilgenabdeckungen beiseite und entferne auch die drei sich um den Motor befindlichen Schallschutzbretter. Dann steige ich in die Bilge und stelle als erstes fest, dass es sich um salziges Seewasser handelt und auch das diese Sauerei verursachende Leck konnte ich kurz darauf eruieren. Beim Rohrbündel-Ausgang hat die dortige Schlauchklemme den zur Seewasserpumpe führenden Gummischlauch angeschnitten. So konnte über die letzten Stunden durch diese Leckage sukzessive stark tropfendes Seewasser in die Bilge gelangen. Da es eh Zeit zum Wachewechsel war weckte ich Sandra auf, damit sie mir bei dieser 1.Hilfe-Reparatur und dem anschliessenden Wasserschöpfen assistieren konnte. Es gelang mir dann unter diversen Versuchen, mittels einer zweiten festgesetzten Schlauchklemme beim Rohrbündelausgang, die Tropferei stopfen. Uff, das wäre geschafft und ich hoffe, dass dieses Not-Operation hoffentlich noch einige Motorstunden halten wird! Auch Sandra atmet tief durch und zeigt mit dem Finger auf meinen linken Oberschenkel. Hoppela, da hat doch bei dieser Reparatur am laufenden Motor - ein Herzchirurg macht dies ja auch so - der Lüftungspropeller des Alternators an meinem Bein geraspelt. Aber etwas Betadine-Salbe und ein Pflaster drüber, dann kann es gleich weiter gehen! Anschliessend schöpfte ich das sich noch in der Bilge schwappende Seewasser in eine Pütz und um 0130 konnte ich endlich meine verdiente Wacheruhe antreten!
In der weiteren Nacht steigerte sich, während der Wache-Sequenz von Sandra, bei anhaltendem Wind von 10Kn die Wellenhöhe auf gegen 3m! Nicht unbedingt schlimm oder gar gefährlich, da die anrollenden Wellen 10 Sek auseinander lagen. Wobei diesen Fetch eine im S durchgezogene Kaltfront auslöste und unter diesen Bedingungen sahen wir auch von einer weiteren Fahrt unter Segel ab. Der anbrechende Tage wollte dann, auch aufgrund unseres sich noch nicht bessernden „Krankheitsbildes“, einfach nicht enden und es gibt dazu wirklich nichts weltbewegendes zu berichten. Aber gegen Abend fühlten wir uns doch so langsam wieder besser und entschieden was zu essen. Sandra schüttete dann gegen 2000 eine grosse Büchse Ravioli - ja, unsere Koch-Kreativität erreicht in solchen Momenten ihren Höhepunkt - in eine Pfanne und bald sassen wir beim z’Nacht in den beiden Cockpit-Ecken. Begleitend sagten wir uns immer wieder das bekannte Mantra „Ein Löffel für de Papi, ein Löffel für d’Sandra!“ usw vor - um ja nicht zu schnell zu essen und den Magen zu überreizen!
Dann entdeckte Sandra um 0130 dieses frühen Samstags des 7. April auf ihrer Nachtwache, dies bei herrlichem Sternenmeer, weit voraus den kleinen Diamanten Pitcairn Island aus der See auftauchen! Das war natürlich für sie ein grosser Motivationsschub und somit ging die weitere Wache für Sandra schneller als auch schon vorbei, denn wir hatten nun mit der KYORY noch etwa sechs Stunden Fahrzeit von uns! Gerne hätte ich übrigens auf dieser Überfahrt für den Blog weiter getextet, aber unter den anhaltend bockigen Bedingungen jeweils die richtigen Keyboard-Tasten zu finden wäre schon eine kleine Herausforderung an meine Motorik gewesen. Also steckten wir unsere Köpfe vor allem in unsere Kindle-e-books und lasen in neuen Thrillern und Fantasy-Geschichten. Auch so führte uns die KYORY, ohne weitere Überraschungen an der Wetterfront, unter dem brav schnurrenden Diesel und Knurri-AP, stets näher an Pitcairn heran.
Um 0400 meldete ich mich bei Sandra bei ihrer zu Ende gehenden Wache im Cockpit auf. Nun ein Wow von mir, denn voraus erblickte auch ich zum ersten Mal diese kleine vulkanische Insel Pitcairn und mit 5.6Kn düsten wir auf die Bounty Bay zu! Schon bald erblicken wir die seit gestern hier liegende Wallis von Julian&Pauline! Zu diesem Zeitpunkt ist es 0600 dieses frühen Samstagmorgens und wir getrauen uns nicht zu dieser Morgenstunde den VHF-Kanal 16 von Pitcairn Island aufzurufen. Aber einige Minuten später tönt es zu unserer Überraschung übers VHF: „Hello KYORY! This is Charlene, I’m the Assistent-Major of Pitcairn and would like to welcome you to our Island! Due to the quiet sea today, you can to cast anchor in the Bounty Bay!” Nach dieser überraschenden und herzlichen Begrüssung vereinbaren wir mit Charlene, dass wir sie bezüglich der Uhrzeit unserer Überfahrt zum Pier etwas nach 1100 auf Kanal 16 aufrufen werden. Sie hält noch fest, dass dies so okay sei, denn an einem Samstagvormittag würden von 1000-1100 etwa gegen 20 der gläubigen Insel-Bewohner jeweils die Kirche aufsuchen. Ergänzend bemerkt sie, dass bei unserer Ankunft sicher die Gendarmerie und der Health-Verantwortliche zugegen sein würden. Und ihre Söhne würden dann beim Anlanden mit unserem Dingi mithelfen, denn hier werden aufgrund des vielfach starken Swells die Dingis mittels einem Kran auf der Piermauer parkiert.