Zur Jahreswende 2019/20 eine informative Dok zum Klima-Engagement der 17-jährigen Schwedin Greta Thunberg!

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Zur Jahreswende 2019/20 eine informative Dok zum Klima-Engagement der 17-jährigen Schwedin Greta Thunberg!                                  

Vermehrte negative Äusserungen während einigen Cockpit-Diskussionen um den Sinn des generösen Einsatzes der jungen 17jährigen schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg machten mich in den vergangenen Wochen traurig. Da ich aber, wie weltweit viele andere Menschen auch, dieses kleine Mädchen grossartig finde, widmete ich diesem Thema wieder mal einige Recherche-Stunden in den einschlägigen Netzwerken, und hoffe, dass ich mit diesem informativen Beitrag den Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen kann. So entstand, in Ergänzung zu meinen reinen Segeltörn-Berichten, auch dieser weitere Blog-Beitrag! Aber auch sie werden beim Lesen, dieses mit 38 Seiten wieder „etwas“ längeren Beitrages viel neues und Ihnen heute noch unbekanntes zu dieser breitgefächerten Klima-Geschichte lernen. Dies dank diesem einzigartigen Mädchen Greta Thunberg aus Schweden! Also springe ich in die Bresche und breche diesmal für Greta eine Lanze - und ich bleibe auch im 2020 meiner angriffigen Schreibweise treu, wie man mich kennt.
Meine hie und da begleitend einfliessenden Meinungen und Resümees - unter LA (Lang) vermerkt - sind stets rein persönliche Einschätzungen. Dabei nehme ich aber kein Blatt vor den Mund und komme so halt manchmal es betzeli frech und angriffig daher oder werde, wie auch beim Schreiben dieses Artikel, emotional! Dieser Beitrag gliedert sich in die folgenden acht Abschnitte:
1. Wer ist Greta Thunberg: Ihre Familie, Gesundheit, Schule und ihr
     Engagement als Klimaaktivistin.
2. Für was setzt sie sich ein? Ihr Kampf für den Klimaschutz und ihre
    Streikbewegungen gegen den Klimawandel mit ergänzenden öffent-
    lichen Auftritten. Ihr spezieller Auftritt vor dem UN-Klimagipfel in NY.  
3. Meinungen und Einschätzungen zu Greta Thunberg seitens Wissen-
    schaftlern und der Presse.
4. Versuche von aussenstehenden Personen, auf den erfolgreich rollenden
    Greta Thunberg-Zug aufzuspringen.
5. Die Familie Thunberg und ein Mentor die beratend hinter Greta stehen.
6. Wohlwollende und kritische Medien-Beiträge.
7. Ihre Auszeichnungen und Ehrungen.
8. Warum ist Greta Thunberg für viele ein willkommenes Objekt, um Kritik
    loszuwerden?
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Und ich beginne gleich mit dem ersten von diesen acht Abschnitts-Beiträgen:
1.     Wer ist Greta Thunberg: Ihre Familie, ihre Gesundheit, der Schulstreik
        und von ihr vertretene Positionen.       
1.1  Ihr Leben, ihre Familie, ihre Gesundheitsprobleme und die Schule:
        Greta Tintin Eleonora Ernman Thunberg, ist eine gerade diesen 3. Januar
        17 Jahre alt gewordene schwedische Klimaschutzaktivistin. Ihr Einsatz für
        eine konsequent an den Erkenntnissen der Wissenschaft orientierte
        Klimapolitik findet weltweit grosse Beachtung. Die von ihr initiierten
        sogenannten „Schulstreiks für das Klima“ sind inzwischen zur globalen
        Bewegung „Fridays for Future“ (FFF) gewachsen. Mit den Schulstreiks
        möchte sie erreichen, dass Schweden das Übereinkommen von Paris
        einhält. Inzwischen ist sie die Repräsentantin der internationalen Klima-
        schutzbewegung und wurde 2019 ua mit dem Alternativen Nobelpreis
        ausgezeichnet und vom Magazin Time zur "Person of the Year" gewählt.
        Geboren ist Greta Thunberg am 3. Januar 2003 in Stockholm, sie ist die
        ältere von zwei Töchtern der Opernsängerin Malena Ernman und des
        Schauspielers Svante Thunberg. Vom Klimawandel erfuhr sie zum ersten
        Mal mit acht Jahren in der Schule; in den Folgejahren begann sie, immer
        mehr darüber zu lesen. In diesen Jahren wurde bei ihr das Asperger-
        Syndrom diagnostiziert. Greta Thunberg‘s Klima-Engagement habe ihr
        dabei geholfen, diese Krankheit mit begleitenden Essstörungen und
        Depressionen zu überwinden. Ihr Engagement für den Klimaschutz
        begann zunächst damit, zur Energieeinsparung im Haus die Beleuchtung
        auszuschalten. Später beschloss sie, nicht mehr zu fliegen und sich vegan
        zu ernähren, und mit der Zeit überzeugte sie auch ihre Familie davon.
        Im Mai 2018 wurde die damals fünfzehnjährige Thunberg Preisträgerin
        eines Schreibwettbewerbs zur Umweltpolitik, der vom Svenska Dagbladet
        initiiert worden war. Durch die Veröffentlichung ihres Beitrags entstan-
        den gemäß Angaben Thunberg‘s diverse Kontakte zu verschiedenen
        Personen, die sie zu ihrem Engagement inspirierten. Kurz darauf begann
        sie, sich aktiv in der Öffentlichkeit für den Klimaschutz einzusetzen.
        Gegenüber The New Yorker erklärte sie: „Ich sehe die Welt etwas anders,
        aus einer anderen Perspektive. Ich habe ein besonderes Interesse. Es ist
        sehr verbreitet, dass Menschen im Autismus-Spektrum ein besonderes
        Interesse haben.“ Und weiter ergänzte sie: „Und ich mag es nicht, wenn
        Menschen das eine sagen und das andere machen.“
                                                                                                                                                                                                                                                             (3  
        Gemeinsam mit ihrem Vater und ihrer jüngeren Schwester wirkte sie am
        2018 erschienenen Buch (“Szenen aus dem Herzen“) ihrer Mutter Malena
        Ernman mit.        
        Greta Thunberg war im Schuljahr 2018/2019 im Abschlussjahrgang der
        9-jährigen Grundschule, die sie trotz ihres Schulstreiks mit hervorra-
        genden Noten abschloss. Am 31. Mai 2019 kündigte sie am Rande der
        Demonstration in Wien an, nach dem Abschluss zunächst ein Jahr die
        Schule auszusetzen (Gap Year), da sie Klimaaktivismus und Schulbesuch
        nicht vereinbaren könne. Eine Schulpflicht gilt für sie übrigens nicht mehr,
        denn diese endet in Schweden - wie in den meisten anderen europä-
        ischen Ländern auch - nach neun Jahren! Ab dem Schuljahr 2020/2021
        will sie nach eigenen Angaben ein Gymnasium besuchen. 

1.2  Folgende Positionen vertritt Greta Thunberg:
        Kernposition Thunbergs ist, dass die Politik viel zu wenig für Klimaschutz
        tue und damit unverantwortlich handle, insbesondere gegenüber jungen
        Menschen. Sie fordert eine erhebliche Intensivierung der Klimaschutz-
        bemühungen weltweit und will so lange weiterstreiken, bis ihr Heimat-
        land Schweden die Treibhausgasemissionen um 15 % pro Jahr reduziert.
        Hierbei argumentiert sie, Schweden als reiches Land habe die Verpflich-
        tung, die Emissionen schneller zu senken als andere nicht so wohlha-
        bende Staaten.
       
        Thunberg argumentiert, dass die Biosphäre geopfert werde, damit reiche
        Menschen in Ländern wie Schweden in Luxus leben können. Sie verweist
        auf globale Ungerechtigkeit und das durch den Menschen verursachte
        Artensterben. Sie fordert, dass Staaten wie Schweden und das Vereinigte
        Königreich anfangen, ihre Emissionen aus Verbrennung fossiler Energie-
        träger um jährlich 15 % zu senken. Um globale Gerechtigkeit gemäß dem
        Pariser Klimaabkommen anzustreben, sollten reiche Länder ihre Emis-
        sionen innerhalb von sechs bis zwölf Jahren auf null reduzieren und so
        Ländern wie Indien und Nigeria den Aufbau von entsprechender Infra-
        struktur ermöglichen. Die Menschen sollten durch zivilen Ungehorsam
        einen Systemwechsel erwirken, so dass kein Öl mehr gefördert werde.

                                                                                                                        (4
        Mit Verweis auf die seit 1995 jährlich stattfindenden Klimakonferenzen
        und die trotzdem steigenden Treibhausgasemissionen sieht sie Politik-
        versagen. Im Dezember 2018 reiste sie zusammen mit ihrem Vater in
        einem Elektroauto zur UN-Klimakonferenz in Katowice nach Polen. Dort
        traf sie sich mit dem UN-Generalsekretär António Guterres und richtete
        den folgenden Appell an ihn:
         „Was ich auf dieser Konferenz zu erreichen hoffe, ist die Erkenntnis, dass
        wir einer existenziellen Bedrohung ausgesetzt sind. Denn dies ist die
        grösste Krise, in der sich die Menschheit je befunden hat. Zuerst müssen
        wir aber dies erkennen und dann so schnell wie möglich etwas tun, um die
        Emissionen aufzuhalten, und versuchen, das zu retten, was wir noch
        retten können.“
        Hier noch ein Auszug aus ihrer späteren Rede im Plenarsaal dieser Klima-
        konferenz, wobei sie unter anderem die Schwere der Klimakrise betonte,
        die aber von den meisten Politikern noch nicht verstanden worden sei:
        „Politiker verhielten sich unverantwortlich und wie kleine Kinder, daher sei
        es nun an der jungen Generation, ihre Zukunft selbst in die eigenen Hände
        zu nehmen und das zu tun, was die Politik schon lange hätte tun müssen.
        Es sei die Aufgabe der Jugend, zu verstehen, was ihr ältere Generationen
        mit dem Klimawandel angetan haben, um das Chaos nun aufzuräumen,
        mit dem ihre Generation heute leben müsse. Daher müssten junge
        Menschen nun selbst dafür sorgen, dass ihre Stimmen gehört würden.
        Hingegen werde sie die Spitzenpolitiker nicht weiter anflehen, sich um die
        Zukunft der jungen Generation zu kümmern. Vielmehr werde sie ihnen
        klarmachen, dass es zu Änderungen komme, ob sie wollten oder nicht. Ihr
        eigener Protest, der rasch Nachahmung in aller Welt gefunden habe,
        zeige, dass niemand zu unbedeutend sei, um etwas zu bewegen.“
        Diese Rede wurde anschließend im Internet viral geteilt. Keine Über-
        raschung war, dass Greta infolgedessen unter anderem von Leugnern des
        Klimawandels und rechten Politikern kritisiert, angefeindet oder als
        „ideologisch verblendet“ diffamiert wurde.        
        Ihre Klimaschutzaktionen sieht sie als wichtiger an, als in die Schule zu
        gehen. An andere Schüler gerichtet sagte sie, sie müssten nicht streiken,
        jeder solle selbst für sich entscheiden. Allerdings frage sie sich, welchen
        Sinn es habe, in der Schule für eine Zukunft zu lernen, die es schon bald
        so nicht mehr geben könnte.
                                                                                                                                                                                                                                                              (5
        Daher sei der Streik für sie wichtiger als die Schule. Den versäumten Lern-
        stoff hole sie außerhalb des Unterrichts nach. „Einige Leute sagen, dass
        ich studieren sollte, um Klimawissenschaftlerin zu werden, damit ich
        „die Klimakrise lösen“ kann. Aber die Klimakrise ist bereits gelöst. Wir
        haben bereits alle Fakten und Lösungen. Alles, was wir tun müssen, ist,
        endlich aufzuwachen um uns zu verändern.“
        Als Begründung für ihren Schulstreik, bei dem sie die Schulpflicht ver-
        nachlässigte, nannte sie die Zukunftsvergessenheit der 
        Erwachsenen.

        „Wir Kinder tun oft nicht das, was ihr Erwachsenen von uns verlangt.
        Aber wir ahmen euch nach. Und weil ihr Erwachsenen euch nicht für
        meine Zukunft interessiert, werde ich auch eure Regeln nicht beachten.“

        Aus Flugscham und somit zur Vermeidung der CO2-Emissionen von Flug-
        reisen reist Greta Thunberg auch zu weit entfernten Veranstaltungen mit
        dem Zug, im Elektroauto oder anderen Verkehrsmitteln an. Sie zog zB im
        2018 ihre Teilnahme als Finalistin für den Kinder- und Jugendklimapreis
        des Energieversorgungsunternehmens Telge-Energi zurück, da die
        anderen Finalisten und ihre Begleiter mit dem Flugzeug nach Stockholm
        fliegen sollten, aber die Generation der Erwachsenen bereits das CO2-
        Budget aufgebraucht habe.

        Nachdem am 15. März 2019 in verschiedenen Städten laut Veranstaltern
        weltweit über 1,4 Millionen Schüler demonstriert hatten, appellierte
        Thunberg, zur Lösung der Klimakrise das Gesamtbild zu betrachten und
        sich von der besten verfügbaren Wissenschaft leiten zu lassen. Auch
        schrieb Thunberg im März 2019 auf Facebook, dass Kernenergie gemäß
        dem Weltklimarat (IPCC) ein kleiner Teil einer sehr großen neuen kohle-
        stofffreien Energielösung sein könne, dass sie Kernenergie jedoch für „viel
        zu gefährlich, zu teuer sowie zu zeitaufwendig“ halte und sie persönlich
        gegen Atomkraft sei.
        In einem am 2. Februar 2019 veröffentlichten Interview mit Spiegel
        antwortete Greta Thunberg auf die Frage „Ist die Demokratie Ihrer
        Ansicht noch das richtige System, um die Krise abzuwenden? Oder wollen
        Sie eine Art Öko-Diktatur?“ mit den Worten: „Unsere Demokratie ist alles,
        was wir haben. Wir dürfen sie nicht opfern. Und gerade darum müssen
        wir jetzt handeln: innerhalb unseres demokratischen Systems.“
                                                                                                                                                                                                                                                              (6
        Und in der Ellen DeGeneres Show sagte sie am 1. November 2019, ein
        Treffen mit US-Präsident Trump wäre Zeitverschwendung, weil sie ihm
        nichts sagen könne, was er nicht schon gehört habe. Von Ellen DeGeneres
        zu ihrem Autismus befragt bekräftigte sie, dass sie die Diagnose auch als
        Geschenk ansehe: „In einer Krise wie dieser brauchen wir Leute, die noch
        ein bisschen anders denken können.“ Befragt, was sie selbst tue, nannte
        sie vier Punkte: „Sie habe aufgehört zu fliegen, sie lebe vegan, habe sich
        einen Shop Stop auferlegt, kaufe also nur noch das Nötigste ein, und sie
        übe auf Leute in Machtpositionen Druck aus.

2.     Für was setzt sie sich ein? Ihr Kampf für den Klimaschutz und ihre
        Streikbewegungen gegen den Klimawandel mit ergänzenden öffent-
        lichen Auftritten. Ihr spezieller Auftritt vor dem UN-Klimagipfel in NY. 

2.1   Was löste eigentlich Greta Thunberg’s Klimaaktivismus aus und wann
        kam ihr Kampf gegen den Klimawandel mit öffentlichen Auftritten
        und der Streikbewegung so richtig in Fahrt:
        Ihr Klimaaktivismus begann während der Dürre- und Hitzewelle 2018, die
        weite Teile Europas erfasst hatte, und drei Wochen vor der Wahl zum
        Schwedischen Reichstag. Am 20.8.2018, dem ersten Schultag nach den
        Ferien, platzierte sie sich mit einem Schild mit der Aufschrift „Skolstrejk
        för klimatet“ („Schulstreik für das Klima“) vor dem Schwedischen
        Reichstag in Stockholm.
        Zunächst agierte sie allein. Am ersten Tag berichteten mehrere
        schwedische Medien über Thunberg, so unter anderem das schwedische
        Boulevardblatt Aftonbladet auf seiner Internetseite sowie die Zeitung
        Expressen. Am nächsten Tag war Greta Thunberg auf der Titelseite der
        Stockholmer Regionalausgabe von Dagens Nyheter abgebildet. Thunberg
        berichtete von ihrer Aktion auf ihrem Twitter-Konto, das allerdings laut
        einer Auswertung damals sehr selten genutzt wurde und nur eine geringe
        Verbreitung erfuhr. Sowohl ihre Eltern als auch ihre Lehrer kritisierten
        laut diese Berichte ihrer Streiks, unterbanden ihn aber nicht. Sie führte
        dann diesen Schulstreik bis zur Wahl zum Schwedischen Reichstag am
        9. September 2018 täglich durch und nach der Reichstagswahl nur noch
        freitags einmal pro Woche.
                                                                                                                          (7
        Und immer mehr kristallisierte sich ihre Fähigkeit heraus, Menschen-
        mengen zu begeistern (darunter nicht nur Jugendliche sowie junge
        Erwachsene) und als Klimastreikerin fand Greta Thunberg ab 11.2018
        viele Nachahmer. Dies zunächst in Schweden, wo sich bald Schülerinnen
        und Schüler vor den Rathäusern von rund hundert schwedischen
        Kommunen ihrem Protest anschlossen. Es folgten gleichartige Aktionen
        unter anderem in Australien, Belgien, Frankreich, Finnland und
        Dänemark. Die Jugendlichen, bei denen die Botschaft Thunbergs, sich die
        Zukunft nicht stehlen zu lassen, Anklang fand, organisierten sich unter
        dem Hashtag  #FridaysForFuture.

        So streikten in Australien am 30. November 2018 mehr als 10.000 Schüler
        gegen den Klimawandel. An diesem Tag waren es auch in Belgien mehr
        als 1000 Schüler, die gegen den Klimawandel streikten. Premierminister
        Morrison kommentierte die Entwicklung in seinem Land mit den
        Worten:

        „Wir wollen mehr Lernen und weniger Aktivismus in der Schule. Die
        Kinder sollten zur Schule gehen“. Thunberg erwiderte via Twitter: „Tut
        uns leid, Mr Morrison. Können wir nicht erfüllen.“  Ähnlich wie ihr
        australischer Amtskollege argumentierte im Februar 2019 auch die
        damalige britische Premierministerin Theresa May.

        Bis Anfang Dezember 2018 hatten sich ihrem Aufruf aber weltweit schon
        mehr als 20.000 Schüler in rund 270 Städten angeschlossen. Auch in
        Deutschland, der Schweiz und Österreich bestreikten Schüler in verschie-
        denen Städten den Unterricht. 
  
        Mittlerweile war Greta Thunberg zum Idol der Klimaschutzbewegung
        geworden, und trat in den folgenden Monaten bei Protestveran-
        staltungen in verschiedenen europäischen Ländern auf.
        Unter anderem musste der deutsche Regierungssprecher am Rande der
        Münchner Sicherheitskonferenz vom 16.2.2019, die von Angela Merkel
        zitierte These, dass es für die Schülerstreiks keinen „äußeren Einfluss“
        gegeben habe, widersprechen und „er verwies darauf, dass die Führungs-
        elite der Welt seit Jahrzehnten über die existenzielle Bedeutung der
        Klimakrise informiert gewesen und im Grunde untätig geblieben sei.“
                                                                                                                                                                                                                                                             (8
        Per Bahn fuhr Greta in die Schweiz um vom 23. bis 25. Januar 2019
        am 49. Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums in Davos teilzunehmen.
        Dort traf sie prominente Forumsteilnehmer wie Christine Lagarde (IWF),
        den Musiker Bono und die Verhaltensforscherin Jane Goodall. An einer
        Gesprächsrunde, an der Greta teilnehmen konnte, fand leider am Freitag-
        vormittag statt, als schon viele einflussreiche Teilnehmer abgereist
        waren. In der abschließenden Fragerunde stellte Greta Thunberg fest,
        dass sie die Vertreter der Öl- und Gasindustrie, denen sie gerne persön-
        lich ihre „Verbrechen gegen die Natur Erde und die Menschheit“ erklärt
        hätte, nicht mehr auf der Tagung vorgefunden habe.
        Ihr Auftritt hatte dann wieder mal insbesondere auf Twitter diskreditie-
        rende Kommentare, hauptsächlich von männlichen Vertretern des
        rechten Spektrums, zur Folge. Diese zielten oftmals auf ihr Alter, ihr
        Geschlecht und das Asperger-Syndrom ab. Damit wurde versucht, Greta
        als „Person und Individium abzuwerten“, um eine Auseinandersetzung
        auf Augenhöhe mit ihren sachlichen Argumenten zu verhindern. Eine
        inhaltliche Kritik an Greta Thunberg’s Positionen fand in solchen
        Kommentaren überwiegend nicht statt.        
       
        Am 21. Februar 2019 sprach Thunberg vor dem Europäischen Wirtschafts-
        und Sozialausschuss in Brüssel. Sie forderte, dass die EU den CO2-
        Ausstoss
bis 2030 um mindestens 80 Prozent senkt. Dabei dürften auch die
        Bereiche Luftfahrt und Schifffahrt nicht ausgespart werden. Sie bezog sich
        auf die Warnungen des Weltklimarates IPCC, nach dessen jetzigen
        Erkenntnissen die Temperaturen um drei bis vier Grad ansteigen könnten.
        Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, begrüßte
        Greta Thunberg in Brüssel. Ohne Thunberg namentlich zu nennen, sagte
        er in einem Interview, er habe zu seiner Zeit als junger Mensch eigentlich
        immer nur in seiner „Freizeit“ demonstriert.
        Am 22. April 2019 verschärfte Greta Thunberg in London ihre Kritik an
        den Politikern und anderen Mächtigen: „Viel zu lange standen die
        Politiker und die Leute an der Macht im Weg, ohne irgendetwas zu tun,
        um gegen die Klimakrise und die ökologische Krise zu kämpfen. … Aber wir
        werden sicherstellen, dass sie nicht länger damit davonkommen.“
                                                                                                                             (9
        Greta Thunberg nahm am UN-Klimagipfel im Rahmen der jährlichen
        Climate Week NYC vom 23. bis zum 29. September 2019 in New York City
        und an der Generalversammlung der Vereinten Nationen teil. Sie wollte
        anschließend zur ursprünglich in Santiago de Chile geplanten UN-Klima-
        konferenz 2019 reisen. Ende Mai erklärte sie dazu, dass ihre Teilnahme
        eine zeitaufwändige Anreise erfordere, da sie Flugreisen ablehne. In
        dieser Phase kündigte sie auch ihr einjähriges Schul-Sabbatical an.
        Im Juli nahm sie ein Angebot des deutschen Seglers Boris Herrmann an,
        den Atlantik mit der Segelyacht Malizia II zu überqueren, deren elektri-
        sche Systeme mit Strom aus Hydrogeneratoren und einem Photo-
        voltaiksystem betrieben werden. Für alle anfallenden klimaschädlichen
        Aktivitäten des Teams Malizia erfolgt nach eigenen Angaben seit 2018
        eine Klimakompensation. Am 14. August 2019 legte das Boot mit
        Herrmann, seinem Kollegen Pierre Casiraghi, Svante Thunberg, ihrem
        Vater sowie dem Dokumentarfilmer Nathan Grossman an Bord in
        Plymouth für seine etwa zweiwöchige Überfahrt ab. Am 28.8.2019
        traf die Klimaaktivistin in New York ein und wurde von zahlreichen
        Sympathisanten begrüßt. Dort wurde sie von 17 von der UN ausge-
        sandten Segelbooten empfangen, die jeweils eines der 17 von den
        Vereinten Nationen anvisierten Ziele für nachhaltige Entwicklung
        auf den Segeln trugen.
        Diese vielleicht im Nachhinein nicht so glücklich gewählte Atlantik-
        Überfahrt, brachte dann Greta von der Presse noch einige bissige
        Kommentare ein, die ich euch hier nicht vorenthalten möchte. Die
        deutsche Tageszeitung taz schrieb am 15. August 2019: Thunbergs
        Atlantiküberquerung per Segelyacht verursache mehr Treibhausgas-
        ausstoß, als wenn die Aktivistin und ihr Vater nach New York geflogen
        wären. Die taz berief sich dabei auf die Angabe von Andreas Kling,
        Sprecher des Malizia-Teams, dass „etwa fünf Mitarbeiter“ die Yacht
        zurück nach Europa segeln würden, wofür sie in die USA fliegen würden.
        Zudem werde anschliessend auch Herrmann nach Europa zurück fliegen.
        Es fielen also sechs Flüge an statt nur zwei. Am selben Tag sagte Kling laut
        Nachrichtenagentur dpa, "diese Rechnung sei ihm bekannt. Es gehe aber
        nicht nur darum, mit der Aktion allein das Klima zu retten, sondern man
        wolle auch entsprechende Aufmerksamkeit erregen."
                                                                                                                          (10 
        Später erklärte dann Malizia-Sprecherin Holly Cova, es würden nun vier
        Mitarbeiter das Boot zurücksegeln, „zwei von ihnen seien bereits in den
        USA.“ Da aus Zeitgründen, neben Herrmann, auch der Co-Skipper Pierre
        Casiraghi nicht mit zurücksegeln können. - Nobody is perfect!

2.2  Greta Thunberg’s Ansprache vor dem UN-Klimagipfel vom 23.9.2019:
        Diese vor der UN in New York gehaltene Rede vor sogenannten
        Staatenlenkern hatte mit ihren hochemotionalen Worten „Ihr lasst uns im
        Stich!“ aufgerüttelt. Dabei hat diese Rede der 16jährigen Schwedin viele
        Menschen tief bewegt - viele hat sie aber auch zu feindseligen Kommen-
        taren statt zu sachlicher Kritik veranlasst. Hier den Wortlaut ihrer Rede:

        „Meine Botschaft ist, dass auch wir jugendlichen Euch bei eurem tun
        beobachten! Und dass ich hier heute vor Euch stehe ist sicher für viele
        unverständlich. Denn ich sollte nicht hier sein, ich sollte in der Schule auf
        der anderen Seite des Ozeans sein - aber mit meiner heutigen Botschaft
        spreche ich Sie und alle jungen Menschen an, um Ihnen Hoffnung zu
        geben!
        Wie konntet Ihr es wagen, meine Träume und meine Kindheit zu stehlen
        mit Euren leeren Worten? Menschen leiden, Menschen sterben, ganze
        Ökosysteme brechen zusammen. Wir stehen am Anfang eines Massenaus-
        sterbens und alles, worüber ihr reden könnt, ist Geld und die Märchen von
        einem für immer anhaltenden wirtschaftlichen Wachstum.“
        Wenn Ihr die Situation wirklich verstehen würdet und uns dann immer
        noch im Stich lassen würdet, dann wärt Ihr grausam und das weigere ich
        mich zu glauben. Wie könnt Ihr es wagen zu glauben, dass man das lösen
        kann, indem man so weiter macht wie bislang - und dies mit ein paar
        technischen Lösungsansätzen? Ihr seid immer noch nicht reif genug zu
        sagen, wie es wirklich ist.
        Ihr lasst uns seit Jahren im Stich. Alle kommenden Generationen haben
        euch im Blickfeld und wenn Ihr Euch weiterhin dazu entscheidet, uns im
        Stich zu lassen, dann entscheide ich mich hier zu sagen: „Wir werden Euch
        das nie vergeben! Und wir werden Euch das nicht durchgehen lassen!“
        Denn genau hier ziehen wir die Linie. Die Welt wird aufwachen und es
        wird Veränderungen geben, ob Ihr es wollt oder nicht!“
                                                                                                                                                                                                                                                             (11
2.3   Ihr wilder Ritt über die Wellen des Atlantiks, um von den USA zurück
         nach Europa an die Klimakonferenz vom 2.-13.12.2019 in Madrid zu
         gelangen.
         Greta Thunberg wollte ursprünglich ohne Anreisestress an der 25. UN-
         Klimakonferenz (COP 25) teilnehmen, die vom 2. bis 13. Dezember 2019
         in der chilenischen Hauptstadt Santiago de Chile stattfinden sollte. Sie
         befand sich bereits auf dem Weg dorthin und war gerade in Los Angeles,
         als der Präsident von Chile am 30. Oktober 2019 die Konferenz absagte.
         Als Grund nannte er die massiven Proteste gegen die Regierung seines
         Landes. Zwei Tage später wurde Madrid als neuer Tagungsort festgelegt.
         Greta Thunberg twitterte, sie sei offenbar in falscher Richtung um die
         halbe Welt gereist, und bat um Hilfe, um im November den Atlantik über-
         queren zu können. Teresa Ribera, Spaniens Ministerin für den ökolo-
         gischen Wandel, sicherte ihr umgehend Unterstützung zu. Letztlich
         nutzte sie aber ein Angebot der australischen Video-Blogger Elayna
         Carausu und Riley Whitelum und trat mit ihrem Team am 13. November
         2019 auf deren Katamaran La Vagabonde die Rückreise von Hampton
         (Virginia) an der Ostküste der USA nach Europa an. Mit an Bord war die
         britische Profiseglerin Nikki Henderson. Am 3. Dezember 2019, also 21
         Tage nach dem Start an der US-Ostküste, erreichte die La Vagabonde nach
         einer beschwerlichen Atlantik-Passage, durch tagelanges schweres und
         ungemütliches Wetter, Lissabon. 

2.4   Nachdem am 29. November 2019 das EU-Parlament in Brüssel den
        „Klimanotstand“ für Europa ausgerufen hat, hofft nun Greta Thunberg
        und ihre Mitstreiter auf Taten im 2020!
        Das EU-Parlament hatte am 29.11.2019 mit einer Mehrheit von 673 zu
        429 Stimmen (wobei übrigens ein Grossteil der Christdemokraten Nein
        gestimmt hatten) einen „Klimanotstand“ für Europa ausgerufen. Eine
        deutliche Mehrheit der Abgeordneten sprach sich dafür aus, als erster
        ganzer Kontinent einen solchen Notstand zu erklären. Das soll nach
        Wunsch der Abgeordneten die Dringlichkeit des Themas aufzeigen, aber
        konkrete Folgen hat der Schritt vorerst nicht. Der neue EU-Ratspräsident
        Charles Michel hat mehr Ehrgeiz beim Klimaschutz gefordert. „Ich glaube,
        große Fortschritte beim Klimaschutz sind möglich. Aber ohne ehrgeizige
        Ziele werden wir nichts erreichen!“
                                                                                                                                                                                                                                                              (12
        Gleichentags schrieb die Klimaaktivistin Greta Thunberg auf Twitter, die
        in diesen Tagen gerade mit der Segelyacht La Vagabonde auf der Atlantik-
        Passage zurück von den USA nach Europa befand: Sie begrüsse die
        Entscheidung des Europaparlaments den „Klimanotstand“ ausrufen. Sie
        habe eben mitten auf dem Atlantik von dem Beschluss der Abgeordneten
        erfahren. „Wir können eine Krise nicht lösen, ohne sie als solche zu
        behandeln. Lasst uns hoffen, dass die Regierungen jetzt drastische und
        hinreichende Maßnahmen ergreifen.“ Sie rief zugleich dazu auf, sich an
        den weiteren internationalen Klimaprotesten am Freitag zu beteiligen,
        um so Druck auf die politischen Entscheidungsträger auszuüben.

        Ähnlich äußerte sich an diesem Tag auch Luisa Neubauer, das deutsche
        Gesicht der Klimabewegung Fridays for Future. „Einen Klimanotstand
        auszurufen ist kein Selbstzweck“, twitterte sie. “Es ist eine Ansage.
        Wir sind gespannt auf die Taten, die diesen Worten folgen werden.
        Die Erwartungen sind hoch.“  

2.5  Gretra Thunberg hält an der UN-Klimakonferenz, am 11.12.2019, in
        Madrid eine weitere eindringliche Rede „Jeder Bruchteil eines Grades
        zählt“!
        In diesen Tagen, als fast alle Regierungen der Erde in Madrid über den
        Kampf gegen die Erderhitzung beraten, haben wieder Hunderttausende
        von jungen Menschen mehr Ehrgeiz für dieses Thema eingefordert.
        Mit ihrer Rede hat sie die Regierungen wohlhabender Staaten für ihre
        Untätigkeit im Kampf gegen den Klimawandel scharf kritisiert. In einer
        auf wissenschaftliche Daten zu CO2-Emissionen und die Erderwärmung
        gestützten Rede legte die bald 17Jährige Klimaaktivistin eindringlich die
        Fakten zu den Folgen dar, sollten die Ziele des Pariser Abkommens zur
        Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad verfehlt werden.
       
        Hier einen Auszug aus ihrer Rede in Madrid vom 11.12.2019:
        „Jeder Bruchteil eines Grades zählt! Im 2050 Treibhausgas-Neutralität zu
        erreichen bedeutet gar nichts, wenn die Emissionen inzwischen noch für
        ein paar Jahre weitergehen wie bisher. Denn unser verbleibendes
        Budget wird dann aufgebraucht sein“, erklärte die junge Greta Thunberg
        unter dem Applaus der Anwesenden.
                                                                                                                                                                                                                                                             (13
        Im weiteren monierte sie scharf, dass die Verhandlungen in Madrid so
        schleppend vorankämen. „Ich spüre hier überhaupt kein Gefühl der
        Dringlichkeit“, warf sie den Politikern vor. Dabei sei die eigentliche
        Gefahr, so betonte Thunberg, nicht die Untätigkeit der für die Krise
        verantwortlichen Regierungen und Unternehmen, „sondern die Tatsache,
        dass Politiker und Konzernchefs es so aussehen lassen, als würden sie
        etwas tun“. „Das Jahrzehnt, das in nur drei Wochen beginne, wird unsere
        Zukunft definieren“, warnte sie. Die Menschen bräuchten jetzt unbedingt
        ein Zeichen der Hoffnung. „Aber es gibt Hoffnung, ich habe es gesehen -
        aber sie kommt nicht von Regierungen und Konzernen, sondern vom
        Volk.“
        Greta Thunberg hatte dabei übrigens wie angekündigt, im Gegensatz zu
        ihrer aufsehenerregenden Wut-Rede bei den Vereinten Nationen vom
        September beim Klimagipfel in New York, diesmal auf große Emotionen
        verzichtet. Vor dem im Kampf gegen die Erderwärmung wichtigen Jahr
        2020 wolle sie die Emotionalität aus der Klimadebatte nehmen, „weil die
        Leute sich sonst nur daran und nicht an die Fakten erinnern“.   

3.     Meinungen und Einschätzungen zu Greta Thunberg seitens Wissen-
        schaftlern und der Presse.

3.1   Wie steht eine Geoökologin aus Deutschland zu Greta Thunberg:
         Am 26.12.2019 verfasste Anke Herold, Geoökologin und Geschäfts-
         führerin des Öko-Instituts Freiburg, einen interessanten Artikel unter
         „Die Klimakrise ist wirklich Realität!“. Sie schrieb dabei über Hitzerekorde,
         Hoffnungsträger wie Greta Thunberg und den europäischen Green Deal:
         Dieses Jahr war wie keines zuvor von der Klimapolitik geprägt. 2019
         wurde deutlich, dass die Klimakrise nicht erst in ferner Zukunft statt-
         findet, sondern Teil unserer Realität ist: Im Sommer wurden in
         Deutschland und Europa wieder Hitzerekorde gebrochen, lange Dürre-
         perioden führten zu massiven Schäden in unseren Wäldern, der Wirbel-
         sturm Ida hinterließ mehr als 1300 Todesopfer in Mosambik und den
         umliegenden Ländern und Hurrikan Dorian zerstörte die Bahamas. Feuer 
         in nie dagewesenem Ausmass wüteten zu Jahresbeginn in Kalifornien
         und wüten nun in Australien, aber auch Brandenburg verzeichnete den 
         grössten Waldbrand in der Geschichte des Landes.
                                                                                                                                                                                                                                                            (14
         Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein deutliches Handlungsdefizit!
         Und jedes Jahr des Nicht- oder zu wenig Handelns bringt uns näher an
         globale Kipppunkte mit Veränderungen, die wir nicht mehr rückgängig
         machen können. Dieser tiefe Graben zwischen dem dringend notwen-
         digen und dem tatsächlichen Handeln brachte Millionen Jugendliche in
         Deutschland, Europa und vielen anderen Ländern auf die Straßen.
         Greta Thunberg wurde zur Inspiration für viele Menschen, die die
         verbleibende Zeit nutzen wollen, um die Klimakrise zu stoppen. Die
         „Fridays For Future“ wurden zu den Hoffnungsträgern im vergangenen
         Jahr.

         Die deutsche Politik hat bei diesen kreativen Protesten leider nur wenig
         bewegt. Das Kohleausstiegsgesetz ist immer noch nicht unter Dach und
         Fach, sondern wird voraussichtlich erst im März 2020 im Bundestag
         beschlossen - mehr als ein Jahr nach dem Kompromiss der Kohle-
         kommission.

         Die Regelungen zu den erneuerbaren Energien aus dem Klimapaket -
         insbesondere die umstrittene Mindestabstandsregelung für Windener-
         gieanlagen - gefährdet das Ökostromziel von 65 Prozent im Jahr 2030
         und viele Arbeitsplätze in der Windindustrie. Eine gerade veröffent-
         lichte Umfrage des Welt-Energierats zeigte, dass nur elf Prozent der EU-
         Energieexperten die deutsche Energiewende als Vorbild für die Welt
         sehen und nur 14 Prozent glauben, dass Deutschland seine Klimaziele für
         2030 erreichen wird.

         Die Umwelt Europas befindet sich an einem Scheidepunkt. Wir haben in
         den nächsten zehn Jahren ein enges Zeitfenster, um Maßnahmen zum
         Verbrauch an natürlichen Ressourcen drastisch zu reduzieren. Wir
         verfügen bereits über das Wissen, die meisten Technologien und die
         Instrumente, die wir brauchen, um wichtige Produktionssysteme und
         Konsumbereiche wie Stromerzeugung, Mobilität oder Landwirtschaft
         nachhaltig zu gestalten. Unser Wohlstand hängt entscheidend davon ab,
         ob wir dieses Wissen auch nutzen und die ganze Gesellschaft dafür
         gewonnen werden kann, die notwendigen Veränderungen zu unter-
         stützen und eine bessere Zukunft zu gestalten.
                                                                                                                                                                                                                                                            (15
         Entscheidend wird nun im kommenden Jahr die konkrete Umsetzung
         und Ausgestaltung des European Green Deals sein. Dieser enthält viele
         wichtige Elemente.
         Dazu gehören schärfere Klimaziele in der EU für 2030 und 2050, die
         Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent machen sollen, 100
         Milliarden Euro Investitionen in den Umbau zu einer klimaneutralen
         Gesellschaft sowie eine Reform der Energiebesteuerung, um endlich die
         Subventionierung fossiler Energien einzuschränken. Der Emissionshandel
         soll auf die internationale Schifffahrt (eine der grössten Dreckschleu-
         dern) ausgeweitet werden, Kommunen und regionale Akteure durch
         einen neuen Klimapakt gestärkt werden. Wenn der European Green Deal
         gelingt, könnten auch andere Staaten zum Umsteuern bewegt werden
         und ein mutiges Europa könnte eine neue Führungsrolle einnehmen.
       
         Das nächste Jahrzehnt muss zu einer Dekade werden, wo die Staaten sich
         gegenseitig übertreffen im Ausbau der erneuerbarer Energien, weil diese
         die günstigste Energieerzeugung darstellen, und Haushaltsmittel aus dem
         Import von Öl und Gas für andere Zwecke freisetzen. Eine Dekade, in der
         Passivhäuser oder Plusenergiehäuser zur Regel werden, weil Energie-
         effizienz endlich richtig gefördert wird und dabei Wohnkosten gesenkt
         werden, wenn viel weniger geheizt werden muss.
         Und künftige Ausgaben des "Time Magazin" werden dann hoffentlich
         auch mal Politikerinnen oder Politiker zieren, die die Nettonull-
         emissionen ihrer Länder schneller als geplant erreicht haben, die
         ärmeren Teile der Bevölkerung dabei finanziell entlastet und einen
         Technologievorsprung durch nachhaltige Technologien erreicht haben.

3.2   Und wie schätzt der Publizist Kai Strittmatter, im Schweizer
         Tagesanzeiger, die Klimaaktivitäten von Greta Tunberg ein:

         „Das verrückte Jahr der Greta Thunberg!“ Ein aussagekräftiger
         Kommentar von Kai Strittmatter im Zürcher Tagesanzeiger vom
         30. Dezember 2019:
         Seit ihrem ersten Schulstreik für das Klima ist etwas mehr als ein Jahr
         vergangen. Wie die 16-jährige Klimaaktivistin die Weltpolitik verändert
         hat - und dabei vor allem auch sich selbst.
                                                                                                                      (16                Wahrscheinlich waren die aussergewöhnlichsten Tage in diesem
         verrückten Jahr der Greta Thunberg jene, an denen ausnahmsweise
         einmal gar nichts geschah. Die 14 Tage auf dem Segelboot, zwischen
         Plymouth und New York. Sie schlief zwölf, manchmal auch 14 Stunden,
         blickte endlos auf die Wellen des Atlantiks, sang "Majas Alphabetlieder"
         von A bis Ö; alle schwedischen Kinder lernen damit die Buchstaben.
         „Die Fahrt über den Atlantik… es war, als lebte ich mein Leben noch
         einmal von Anfang an“, sagte Greta Thunberg nach ihrer Ankunft in den
         USA einer Zeitungs-Reporterin.
         An Bord der Yacht wollte sie eigentlich auch Reden schreiben. „Aber es
         ging nicht. Mein Hirn war leer. Es hat eine Weile gedauert nach unserer
         Ankunft, bis ich wieder da war.“. Weg aus der Welt, für einen kurzen
         Moment. Und dann zurück mit einer Wucht, die viele überraschte. „Ich
         sollte gar nicht hier stehen. Ich sollte in der Schule sein auf der anderen
         Seite des Ozeans“, begann Greta Thunberg ihre Rede am 23. September
         beim Klimagipfel der Vereinten Nationen.
         Sie, die zuvor durch nüchterne Präzision aufgefallen war, die ihre
         wachsende Wut stets ruhig in kühle Worte verpackt hatte, hielt ihre
         Emotionen diesmal nicht zurück und schleuderte sie den Erwachsenen
         dieser Welt entgegen. „Ihr sucht Eure Hoffnung bei mir?“, fragte sie die
         in der ersten Reihe beim Klimagipfel versammelten Weltführer, von
         denen einige - zum Beispiel Bundeskanzlerin Angela Merkel - zuvor noch
         um ein Selfie gebeten hatten.
         Und dann packte sie all ihren Zorn in diesen einen Satz, der seither
         nachhallt mit der Kraft eines Fluches: „How dare you?“, „Wie könnt Ihr
         es wagen?“.

         Schon vor dem Trip in die USA war dieses scheue, ernste, eben noch
         einsame Mädchen im Laufe nur eines Jahres zu einer - von ihr so nicht
         gewollten - Berühmtheit in Europa geworden. Greta Thunberg war zu
         diesem Zeitpunkt endgültig zu einem globalen Popstar geworden.
         „Right here, right now is where we draw the line!“, „Bis hierher und nicht
         weiter!“, hatte sie gesagt.
         Sie wurde für diese Rede vor dem UN-Klimagipfel gepriesen.
                                                                                                                     
                                                                                                                           (17
         Aber sie wurde für diese Rede auch verspottet. Und sie hatte am Ende
         jener New Yorker Woche drei Millionen Follower mehr auf Instagram als
         zu Beginn. Was für eine Woche, was für ein Jahr. Im Rückblick sieht es so
         aus, als habe die Welt nur darauf gewartet, dass sich genau zum Ende
         jenes verrückt heissen Sommers 2018 genau dieser ernst dreinblickende
        Teenager auf den Mynttorgetplatz im Herzen Stockholms setzen würde.
         Und mit dabei neben sich das selbstgepinselte Schild „Skolstrejk för
         klimatet“, „Schulstreik für das Klima“, und mit leisem, aber vernehm-
         barem Zorn diesen Satz aussprechen würde: „Ihr stehlt uns unsere
         Zukunft.“ Am 20. August 2018 war das, und an diesem ersten Tag war sie
         noch ganz allein.

         Was seither passierte, ist kaum zu fassen, ihr Vater Svante Thunberg
         nennt es “eine Saga“. Sagas, das sind die Geschichten, die die Alten
         im Norden einst niederschrieben, um sie weiterzureichen an ihre
         Enkel und deren Enkel.

         Greta Thunberg sprach in diesem Jahr ua vor dem italienischen Senat
         und vor dem EU-Parlament, vor dem britischen Unterhaus und vor den
         Vereinten Nationen. Das US-Magazin Time kürte sie zu einer der hundert
         einflussreichsten Persönlichkeiten des Jahres 2019. Das Collins Dictionary
         wählte den von ihr erfundenen „Climate strike“, den „Klimastreik“, zum
         Wort des Jahres 2019. Greta Thunberg traf in Rom den Papst und liess
         sich in Washington von Barack Obama das „fist bumping“ erklären, den
         „coolen Faustgruss“.

         Sie sass in diesen US-Tagen im kalifornischen Sonnenuntergang auch mit
         Leonardo DiCaprio und war Radfahren mit Arnold Schwarzenegger, der
         sie zu seiner «Heldin» erklärte. Sie reiste zu den Gegnern einer Ölpipeline
         in Dakota, wo ein Sioux-Führer ihr den Namen „Mahpiya Etahan hi wi
         verlieh: „Die Frau, die vom Himmel kam.“

         Was man leicht vergisst angesichts der Bilder dieses Jahres: Greta
         Thunberg kam nicht vom Himmel, sie war der Hölle entstiegen. Jahrelang
         hatte sie an schweren Depressionen gelitten, sprach mit niemandem
         ausserhalb ihrer Familie, und litt an Essstörungen.
                                                                                                                                                                                                                                                            (18
         Früh war bei ihr das Asperger-Syndrom diagnostiziert worden, eine
         Variante des Autismus. Und man sieht es ihr an, sie ist gezeichnet von
         dieser traurigen Krankheit.
         Als Greta in die fünfte Klasse kam, ging es ihr immer schlechter. „Unsere
         Tochter verschwindet in einer Art Dunkelheit“, notierte damals ihre
         Mutter. „Sie hört auf zu lachen. Sie hört auf zu reden. Und sie hört auf zu
         essen“. Kinder mit dem Asperger-Syndrom haben es nie leicht. Sie fallen
         auf. Greta wurde in der Schule ausgelacht, ausgegrenzt, geschlagen.
         Als sie elf war und Filme über Umweltzerstörung gesehen hatte, kam
         etwas Neues dazu: die Angst um den Planeten. „Ich hatte das Gefühl,
         nichts macht mehr Sinn, wo wir doch ohnehin alle sterben werden“,
         sagte Greta Thunberg. Sie verlor zehn Kilogramm, hörte auf zu wachsen.
         Die Eltern notierten akribisch ihre Mahlzeiten: „Frühstück: 1/3 Banane.
         Dies in der Zeit von 53 Minuten.“
        
         Das britische Mode- und Kunstmagazin i-D hob Greta Thunberg in diesem
         Frühjahr auf den Titel als „das Mädchen, das die Welt veränderte“. Was
         da nicht stand: Dieses Jahr hat auch das Mädchen verändert. Es war ein
         Wendepunkt, als sie erleben durfte, dass man ihr zuhört.

         Die Mutter, Malena Ernman, tat den ersten Schritt vor mehr als drei
         Jahren schon: Sie, die als Opernsängerin in Tokio, in Madrid und Wien
         aufgetreten war, gab Greta zuliebe das Fliegen auf. Und der Vater
         begann, wie seine Tochter vegan zu essen, er sagt: „Greta war so
         glücklich. Ihre Worte machten einen Unterschied. Sie wurde gesehen.“

         Diese Erfahrung, sagte Greta Thunberg, habe ihr aus der Ohnmacht und
         der Depression geholfen. “Ich sah, dass ich Leute dazu bringen konnte,
         sich zu ändern.“ Greta Thunberg hat all die „Friday-for-Future“-Gruppen
         nicht geschaffen, aber sie war ein Auslöser. Eine globale Bewegung hat in
         ihr das Gesicht gefunden, nach dem sie offenbar gesucht hatte, jetzt, da
         die Temperaturen steigen, da eine Kette immer neuer Naturkata-
         strophen den Menschen die Klimaerwärmung mit einem Mal um die
         Ohren bläst.
         Es wird von Tag zu Tag schwerer wegzuschauen, wegzuhören. Und dann
         erklingt da diese Stimme, leise und hell, in der Aussage messerscharf.
                                                                                                                                                                                                                                                              (19
         Eine Stimme, die verzichtet auf den sonst üblichen Puffer aus Höflichkeit
         und Rücksichtnahme. Ein Teenager, der in seiner Willensstärke und
         Konsequenz fast ein wenig unheimlich erscheint. „Ihr seid nicht reif
         genug, die Fakten auszusprechen“, sagte sie in New York: „Ihr lasst uns
         im Stich.“

         Dieses Jahr hat fast alles verändert. Eines jedoch nicht. Die Botschaft der
         Greta Thunberg ist noch immer dieselbe, sie verbreitet sie immer und
         immer wieder: „Hört den Wissenschaftlern zu! Hört den Wissenschaft-
         lern zu! Hört endlich den Wissenschaftlern zu! Jenen vom Klimarat der
         Vereinten Nationen etwa, die sagen, dass wir unsere Politik und unser
         Leben schnell und radikal ändern müssen, dass der Punkt nur mehr ein
         Jahrzehnt entfernt ist, an dem alles kippen kann, von dem sich unsere
         Erde nur unschwer wird erholen können! Es wird zu kata
strophaleren
         Hitzewellen als bisher kommen, mit Dürren, Fluten, der
Zunahme extremer
         Wetterphänomene wie Wirbelstürme sowie auch
gesellschaft
lichem
         Aufruhr und riesigen Flüchtlingswellen.“  


         Man hat Greta Thunberg vorgeworfen, die Dinge allzu sehr in Schwarz
         und Weiss zu zeichnen. Aber, antwortet sie dann, geht es denn nicht um
         das Überleben der Menschheit? Aus ihrer Sicht ist es einfach: „Entweder
         wir stehen hinter der Wissenschaft oder wir tun es nicht. Entweder wir
         stoppen die Emissionen oder nicht. Entweder wir machen weiter als
         Zivilisation oder nicht."
        
         Greta Thunberg wurde radikal und naiv geheissen. Das Irritierende an
         dieser Kritik ist: Greta Thunberg und all die anderen Schüler fordern
         nichts anderes als die Einhaltung eines Versprechens, das die Politiker
         der Welt längst gegeben haben. Sie verlangen, dass am Ende die
         Klimaerwärmung die 1,5 Grad nicht übersteigt, pochen auf das Pariser
         Klimaabkommen, das 196 Staaten 2015 unterschrieben haben, um
         dessen Umsetzung sich aber fast alle drücken. Als gebe es ein
         Menschenrecht auf Nichtstun und Verdrängung.
         Mitte November machte sich Greta Thunberg nach ihrem amerikani-
         schen Abenteuer auf den Weg zurück nach Europa, wieder klima-
         freundlich auf einer harten Atlantik-Überquerung per Segelboot,
         diesmal zum Klimagipfel in Madrid.
                                                                                                                                 
                                                                                                                                                                                                                                                            (20
         Aber auch hier erlebte sie wieder, wie Politiker sehr viel redeten und
         wenig handelten. Den Nordischen Umweltpreis, den man ihr in ihrer
         Heimat verleihen wollte, lehnte sie ab. Dies mit der Begründung: „Wir
         brauchen keine weiteren Preise“, sagte sie. „Wir brauchen Politiker, die
         endlich handeln.“
         Die Vereinigten Staaten und Brasilien verlassen das Pariser Abkommen,
         Länder wie Deutschland schnüren Klima-Paketchen, die möglichst
         keinem wehtun sollen. „Die öffentliche Debatte hat sich gedreht“, meinte
         Greta Thunberg schon im Frühjahr in Stockholm. „Aber die CO2-
         Emissionen steigen noch immer, und so wächst die Hoffnung, aber es
         wächst auch die Verzweiflung.“

         Ein scheues, einsames Mädchen brach auf, die Welt zu ändern. Was
         Greta Thunberg sagt, ist nicht neu. Alle wussten es. Aber auf wunder-
         same Weise gelang es ihr, den Menschen dieses Wissen begreifbar zu
         machen und die Bedeutung seiner schrecklichen Konsequenzen aus den
         Kammern ihres Vergessens zu holen. Jetzt ist sie sowas wie ein Popstar,
         ein Status, der ihr selbst herzlich egal ist, den sie aber gerne nutzt, weil er
         Aufmerksamkeit bringt für ihren Kampf gegen die sich anbahnende
         Klimakatastrophe.
 
         Und natürlich ist diese Aufmerksamkeit ein zweischneidiges Schwert,
         weil sie sich zuerst auf ihre Person richtet. Das gilt für den Greta-Fanklub,
         der sie in seiner Verzückung bisweilen behandelt „wie ein Kätzchen auf
         einem Einrad“ (Dagens Nyheter).

         Und das gilt für die Geiferer, die der „verzogenen Göre“, so der britische
         Motorsport-Journalist und TV-Star Jeremy Clarkson, ein „Wie kannst du
         es wagen…“ zurückschleudern: „Wie kannst du es wagen, uns in unserer
         Bequemlichkeit zu stören?“  - LA: Ja, so versucht sich die Autobranchen-
         Lobby zu wehren!

         Im chinesischen Zen-Buddhismus gibt es das Sprichwort von den
         Dummen, die auf den Finger schauen, wenn der Finger auf den Himmel
         zeigt. Der Finger hier ist Greta Thunberg. Der Himmel, das ist die Klima-
         katastrophe.  - Und die Dummen, das wären dann wir!
                                                                                                                                                                                                                                                             (21
3.3   Spiegel-Kolumne von Klaus Brinkbäumer: Warum das „How dare you“,
         „Wie könnt ihr nur…!“ von Greta Thunberg berechtigt ist!
        Klaus Brinkbäumer war zuletzt Chefredakteur des „Spiegel“ und arbeitet
        heute als freier Autor unter anderem für „Die Zeit“. Für den Tagesspiegel
        schreibt er seine wöchentliche Kolumne über Sprache und Politik.

        Die 16-jährige Greta Thunberg hat die Kommunikation zwischen den
        Generationen mit ihrem unvergleichlichen Auftreten und Tun verändert.
        Jetzt sind es die Kinder, die die Eltern tadeln -  und dies zu Recht.
        Wenn eine Beziehung zwischen Eltern und ihrem Kind die Zeit bekommt,
        reifen zu können, dann wandelt und rundet sie sich. Für die Kommu-
        nikation, Instrument jeder Beziehung, gilt das auch. Am Anfang blubbern
        Babys Laute wie „bwww“, und die Eltern glauben an die Einzigartigkeit
        dieses Wesens und machen gleichfalls „bwww“. Von da an wird’s
        um einiges diffiziler.
        Kinder lernen sprechen, lesen, schreiben, werden Teenager. Es kommen
        Abnabelung und Rebellion, große Forderungen und Träume und die Wirk-
        lichkeit, es gibt Phasen der Nähe und des Schweigens, und natürlich gibt
        es irgendwann Erinnerungen, gab es Fehler, gibt es Vorwürfe.

        Warum hat der Vater nie über Liebe oder andere Gefühle gesprochen?
        Warum war der Sohn so schroff, wieso entzog er sich? Wenn es gut geht,
        verstehen Kinder und Eltern einander am Ende des gemeinsamen Weges,
        versöhnen sich und dann helfen die Kinder den alten Eltern.
        Greta Thunberg, 16jährig, hat vor den Vereinten Nationen den Halbsatz
        des Jahres gesagt: „How dare you.“, „Wie könnt ihr nur …“! Damit sagte
        und meinte sie berechtigter weise vieles: Seit den achtziger Jahren von
        der Klimakrise wissen und passiv bleiben; noch immer über ewiges
        Wirtschaftswachstum reden; und uns Kindern die Zukunft rauben!
        Somit übernahm dieses Kind an diesem Tag des 23.9.2019 in New York
        eine Mutterrolle. Es tadelte, erzog. Streng war Thunberg und wütend und
        frei: Sie wollte keine Wärme (der Beifall irritierte sie), will nichts werden
        und keine Kompromisse ergaunern, sie will einfach nur, dass die Erwach-
        senen die Klimakrise zum wichtigsten aller Themen erklären und
        handeln. Diese Radikalität ist kindlich naiv und im konkreten Fall die
        einzig erwachsene Position!
                                                                                                                                                                                                                                                             (22
         Das Greta so ungewollt nebenbei ein sogenannter Popstar wurde ist
         nebensächlich. So liess zB Angela Merkel in NY ein Foto von sich und
         Thunberg posten - nicht umgekehrt. Und der Psychopath Donald Trump
         verspottete Thunberg via Twitter und jammerte, dass er „für viele Dinge“
         einen Nobelpreis bekommen müsste. Wer von den beiden ist das Kind?
         Der überkonservative „Breitbart“-Kolumnist John Nolte fragte gross-
         väterlich, ob Greta eher „eine Tracht Prügel oder eine psychologische
         Intervention“ brauche.

         Diese mitdenkenden Kinder sind nach der Jahrtausendwende geboren.
         Sie werden das Jahr 2050, 2070, 2090 erleben. Vom Zwei-Grad-Ziel ist
         stets die Rede, aber die Erderwärmung macht dort nicht halt. Im Jahr
         2100 kann sich die Erde, wenn der CO2-Ausstoß nicht gestoppt wird, um
         zusätzliche Grade erwärmt haben. Mein Sohn könnte gute Chancen
         haben, im Februar 2119 hundert Jahre alt zu werden. - Wer wird dann
         wo auf der Erde leben können?

         „Schämt euch“, den Satz sagten unsere Grosseltern zu unseren Eltern -
         als diese Kinder waren! Auch die heutigen Kinder, die freitags die Schule
         schwänzen und demonstrieren, hören ihn und wissen, dass sie die Eltern
         brauchen.

         Aber nur die Eltern von heute können jetzt Gesellschaftsordnungen und
         Lebensweisen verändern, denn nur sie haben die politische Macht dazu.
         „Schämt euch“ ist ein Satz, den einst unsere Großeltern zu unseren Eltern
         sagten; damals, als unsere Eltern noch Kinder waren. Sprache verändert
         sich, auch deshalb ist die Verständigung zwischen den Generationen so
         schwierig.

         Nun ist aber dieser kurze Satz auf eindrückliche Weise zurück gekehrt.
         Heute sagen die Kinder „Schämt euch!“ zu uns! Und sie wissen und wir
         wissen, dass unsere Kinder recht haben! - Und nun wird es Zeit
                                                                                      
                                                                                                                          (23

3.4   Mit ihren Beleidigungen gegenüber Greta Thunberg entlarven sich ihre
        Gegner nur selbst! Erwachsene Männer, teils mit großer Reichweite,
        fahren eine regelrechte Hetzkampagne gegen die 16-jährige Schwedin.
        Das ist unerträglich und vielsagend zugleich!
        Dazu ein Kommentar von Till Eckert:

        Die Schwedin Greta Thunberg, 16 Jahre jung, kämpft für eine bedachte
        Klimapolitik. Sie sieht das Weltklima in einem fatalen Zustand, plädierte
        auf sofortiges Handeln von Politik, Grosskonzernen, Wissenschaft und
        Medien. Die Klimaziele müssten eingehalten werden. „Ich will nicht eure
        Hoffnung, ich will, dass ihr in Panik geratet“, sagte sie jeweils an ihre
        Zuhörenden gewandt.

        Das ist doch eine tolle Sache, sollte man denken: ein junger Mensch
        macht sich Gedanken über Zustand und Zukunft unseres Planeten, rüttelt
        auf, findet auf wichtigen Kongressen eindringliche Worte.
        Doch einige Reaktionen darauf, insbesondere auf Twitter, sind eigentlich
        unfassbar: Dutzende erwachsene Männer halten es für angebracht,
        Greta Thunberg und ihre Eltern persönlich anzugreifen und öffentlich zu
        diskreditieren.

        Dabei sind Altersdiskriminierung, Sexismus usw deren Schlagwörter.
        Mit an vorderster Front voran der Rechtsanwalt Steinhoefel, Blogger und
        Ex-Moderator. Er nutzt seine Reichweite, um dieses Mädchen wie folgt an
        den Onlinepranger zu stellen: „Ein 16jähriges Mädchen, altklug und
        verhaltensgestört, von Untergangsphantasien verfolgt und von der Idee
        besessen, die Welt retten zu müssen, wird innerhalb weniger Wochen zur
        Ikone einer neuen Jugendbewegung. Mit dem Missbrauch Minderjähriger
        kennen sich ja die Grünen aus!“.
        Sowas käme dabei heraus, wenn Eltern Kindern keine Gute-Nacht-
        Geschichten vorläsen, schreibt er in einem Tweet, in einem anderen
        nennt er Thunberg altklug und verhaltensgestört und fantasiert davon,
        wie die Grünen sie für ihre Sache instrumentalisieren würden.

        Diese Tweets wurden und werden jeweils von mehreren Hundert
        Menschen geliked und re-tweetet. Und so steht da tausendfache
        Diskriminierung gegen eine Jugendliche im Netz, frei zugänglich für alle.
                                                                                                                  
                                                                                                                         (24

         Dass dabei viele Menschen seine Auffassung zu teilen scheinen und
         andere, wie etwa der Welt-Chefredakteur oder weitere, eigentlich
         gemässigtere Journalisten auf den Anti-Greta-Zug aufspringen, offenbart
         einige tief sitzende Charakterschwächen in der (männlichen)
         Gesellschaft. Sie betreiben freimütig Altersdiskriminierung, Thunberg ist
         16; Sexismus, Thunberg ist ein Mädchen; sie hat das Asperger-Syndrom,
         eine Form des Autismus. Sie führen diese Dinge an, um Thunberg als
         Person und Individuum abzuwerten und wollen verhindern, dass ihre
         Argumente ein Gehör finden.
         Ihre Tweets sagen dadurch natürlich mehr über den psychischen Zustand
         dieser Männer aus als über Thunberg. Wer mit solchen Methoden die
         Deutungshoheit für sich konstatiert, entlarvt sich selbst als Parade-
         beispiel der Rückständigkeit!
 
         Übrigens liefert dieser sogenannte Autor auch andernorts fragwürdige
         Beiträge zum Thema, indem er die Einflussnahme durch Organisationen
         auf Thunberg zum Thema macht und sie sogar „psychisch krank“
         nennt. Der Autor will offensichtlich moralisieren, schlägt aber in die
         gleiche problematische Kerbe: Er spricht Greta Thunberg ebenso ab, dass
         sie zu eigenständigen, bedachten Gedanken und Entscheidungen fähig
         ist. - Oh Himmel, das arme Kind, „missbraucht“ durch Eltern und
         „Organisationen“!

         Greta Thunberg inspiriert Menschen zu Diskussionen. Und dabei hat sie
         schon lange einen Umgang auf Augenhöhe verdient! Würde man all die
         persönlichen Angriffe der Twitter-Schreihälse auf Thunberg von ihren
         Argumenten subtrahieren, blieben keine mehr übrig. Die eigentliche
         Frage ist ohnehin, wieso all diese Männer konstant über Thunberg’s
         vermeintlich fehlende Eignung zur Debatte schwadronieren, anstatt auf
         ihre Gedanken einzugehen.
      
         Die Profilierungssucht Erwachsener gegenüber jungen Menschen und
         deren Diskreditierung ist schon lange ein Problem. Wie allen anderen
         Menschen könnte man Greta Thunberg ja alternativ auch aktiv zuhören,
         widersprechen, wenn sie falsch liegt, Gegenargumente, ja sogar Kritik an
         ihren Aussagen oder den Menschen im Hintergrund hervorbringen. Ruhig
         und auf Augenhöhe einfach das tun, was einen respektvollen Diskurs
         ausmacht.
                                                                                                                           (25
         Aber jungen Menschen, noch dazu einem Mädchen mit Autismus,
         mit Argumenten zu widersprechen, das würde ja bedeuten, man müsste
         offener denken, über seinen Schatten springen, sein stereotypes Welt-
         bild hinterfragen - Dinge, die insbesondere Männern schwer fallen!

4.     Ein Versuch auf den erfolgreich rollenden Zug von Greta Thunberg
        aufzuspringen.
       
        Eine von Greta Thunberg zurückgewiesene Vereinnahmung durch
        die Plattform „We Don’t Have Time.“

        Vom 20. August 2018 an berichtete die vom PR-Manager und
        Börsenspezialisten Ingmar Rentzhog 2017 gegründete schwedische
        Aktiengesellschaft We Don’t Have Time AB über Facebook, Twitter und
        YouTube über Thunbergs Schulstreiks. In einem Interview mit dem
        Svenska Dagbladet erklärte Rentzhog: „Ich habe dann guten Kontakt mit
        Greta und ihrer Familie bekommen. Ich habe Greta dann auch mit einer
        Menge geholfen und dazu auch mein Kontaktnetzwerk verwendet.“ Laut
        Prospekt generiert We Don’t Have Time AB virale Umweltinhalte und will
        damit Geld verdienen. Die Gesellschaft möchte 10 Prozent ihrer Gewinne
        in einen gemeinnützigen Fonds weiterleiten. Im Oktober 2018 wurde
        Greta Thunberg ohne ihr Wissen zur Ratgeberin des Stiftungsvorstands der
        Gesellschaft. Am 27. November 2018 kündigte We Don’t Have Time AB
        eine Aktienemission an und nutzte den Namen „Greta Thunberg“ elfmal
        im Werbeprospekt für den Börsengang. Im Dezember wurden bei der
        Aktienemission 10 Millionen SEK erzielt. Ende Januar 2019 teilte dann
        We Don’t Have Time AB in einer Pressemeldung mit, dass Greta Thunberg
        ihren Platz als Ratgeberin des Stiftungsvorstands verlassen habe.        
        Greta Thunbergs Vater kommentierte im Anschluss daran:
        „Sie hat keine Verbindung mehr dazu. Sie will nicht mit irgendeiner
        Organisation in Verbindung gebracht werden. Ob ideell oder nicht.
        Sie will einfach ganz frei sein.“
                                                                                                                                                                                                                                                             (26
5.     Einiges Wissenswertes von der Familie Thunberg und dem Mentor, die
        beratend hinter der Klimaaktivistin Greta Thunberg stehen.

5.1  Dazu eingangs ein bewegendes BBC-Interview mit Svante Thunberg,
        Vater von Greta Thunberg, vom 30. Dezember 2019 mit dem Titel:
        „Es war der ultimative  Albtraum!“
        In einem BBC-Interview erzählt der Vater von Greta Thunberg von der Zeit
        vor dem Klima-Streik. Am meisten Sorgen bereitet ihm, was Anhänger und
        Gegner aus seiner Tochter machen.
                                                                                                                               
        Als guter Vater sollte man seine Kinder eigentlich unterstützen, doch
        Svante Thunberg, dessen Tochter Greta im vergangenen Jahr das Thema
        Klimawandel auf die ganz große Tagesordnung gesetzt hat, hat das
        zunächst einmal nicht getan. Als die 16-Jährige im vergangenen Jahr
        begann, freitags die Schule für das Klima zu bestreiken, unterstützte er sie
        erst einmal nicht, bekannte Thunberg nun in diesem Interview mit der
        britischen BBC.

        Dies habe sich allerdings schnell geändert, da er gesehen habe, wie
        glücklich dies seine zuvor von Depressionen und dem Asperger-Syndrom
        geplagte Tochter machte. Schon "drei oder vier Jahre" vor dem Schulstreik
        hätten Gegner Greta fertiggemacht, seine Tochter habe schließlich
        sogar das Essen verweigert. "Es war der ultimative Albtraum", sagt Svante
        Thunberg. Seitdem die Schwedin allerdings streikt und sich schließlich an
        die Spitze der Klimabewegung gesetzt hat, hat sich ihr Wesen geändert.
        Greta sei aufgrund ihrer Aktionen nun eine "sehr glückliche" Jugendliche.

        Thunbergs Vater sorgt sich vor allem, dass Menschen seine Tochter instru-
        mentalisieren könnten: "Die Fake News, all die Dinge, die Menschen um sie
        herum erfinden. Und der Hass, den das erzeugt." Er lobt allerdings seine
        Tochter für den Umgang damit; sie halte die Kritik "unfassbar gut" aus. Er
        wisse nicht, wie sie das anstelle.
        Da Greta kommendes Jahr 17 wird, will er sie nicht mehr auf jeder ihrer
        Reisen begleiten. "Wenn sie mich braucht, werde ich versuchen, da zu
        sein. Aber ich glaube, dass sie immer unabhängiger wird, und sie schafft
        das auch alles großartig alleine."                                                                                                                                                                                                                                                             (27
        Greta lehnte sich allerdings auch teenagertypisch gegen ihre Eltern
        auf. Sie habe ihre Eltern als "große Heuchler" bezeichnet, berichtet ihr
        Vater. Daraufhin hätten er und seine Frau ihr Verhalten überdacht. Er
        ernährt sich nur noch vegan, und Gretas Mutter reist nicht mehr mit dem
        Flugzeug. Seiner Tochter habe diese Unterstützung und der Glauben an
        ihre Werte "Energie und Kraft" gegeben.
        Svante Thunberg begleitete seine Tochter in diesem Jahr, als sie über den
        Atlantik nach New York segelte, um vor dem UN-Klimagipfel aufzutreten.
        Für ihn geht es dabei allerdings nicht ums Klima. "Ich wusste, dass es das
        Richtige ist. Aber ich habe es vor allem getan, um mein Kind zu retten. Ich
        habe zwei Töchter, und sie sind das Einzige, was für mich wichtig ist!" 

5.2  Und hier noch ein ausführliches Interview mit Greta Thunberg’s Mentor
        Kevin Andersen, 56, Professor für Klimawandel und Energie an den
        Universitäten Manchester und Uppsala.
      
        Die junge Klimaaktivistin Greta Thunberg hat eine ganze Bewegung ins
        Rollen gebracht. Mittlerweile stehen ihr heute mehrere Berater zur Seite,
        unter anderem der Klimatologe Kevin Anderson. Wie groß ist sein Einfluss?
        Ein Interview von Claus Hecking im Spiegel Online.

        Greta Thunberg ist derzeit die berühmteste Klimaschützerin der Welt. Für
        ihre Kampagne der Schulstreiks an Freitagen hat die 16-Jährige in den
        vergangenen Monaten nicht nur Zuspruch bekommen. Ein Vorwurf der
        Kritiker: Die Schülerin formuliere nur das, was ihr Berater einflüsterten.
        Kevin Anderson ist zumindest einer, auf den Greta Thunberg hört.
        Manchmal zumindest. Wenn die Schwedin auf Nummer sicher gehen will,
        bittet sie den britischen Klimatologen, ihre Redemanuskripte zu prüfen.

        SPIEGEL ONLINE: Professor Anderson, Greta Thunberg hat erwähnt, dass
        sie sich verständlicherweise auch Hilfe von Wissenschaftlern holt - und
        dabei Ihren Namen genannt. Sind Sie also der Mann, der die wohl
        formulierten Reden der 16-Jährigen schreibt?
        Kevin Anderson: Was Sie aus dem Mund von Greta Thunberg hören, ist
        das, worüber Greta Thunberg nachdenkt und was sie dann aufschreibt.
        Sie ist nicht das Sprachrohr ihrer Eltern, einer PR-Kampagne oder von uns
        Wissenschaftlern. Auch wenn das manche Leute nicht wahrhaben wollen -
        allen voran einige schon ältere Männer.

                                                                                                                                                                                                                                                   (28
        SPIEGEL ONLINE: Aber was ist dann Ihre Rolle?
        Anderson: Greta schickt mir manchmal Manuskripte und bittet mich zu
        prüfen, ob alles inhaltlich richtig ist. Manchmal diskutieren wir beide
        natürlich auch über diesbezügliche Themen. Ich habe in den Gesprächen
        mit ihr oft den Eindruck, mit einer jüngeren Kollegin unseres Instituts zu
        diskutieren, aber nicht mit einer Jugendlichen. Greta weiß unglaublich viel
        über den Klimawandel, und sie lernt ständig dazu. Neulich hat sie mir
        einen ihrer Texte über Aerosole (heterogenes Gemisch aus Schwebe-
        teilchen in einem Gas) geschickt.
       
        SPIEGEL ONLINE: Schwebeteilchen, die vielleicht den Treibhauseffekt
        mindern könnten?
        Anderson: Ich fragte nach, woher sie diese oder jene Zahl habe. Darauf
        schickte sie mir dann gleich mehrere Links und Zusammenfassungen aus
        wissenschaftlichen Texten, die sie durchgearbeitet hatte. Einfach beein-
        druckend für eine 16-Jährige.

        SPIEGEL ONLINE: Wie sind Sie miteinander in Kontakt gekommen?
        Anderson: Ich forsche und lehre auch in Schweden, an der Uni Uppsala.
        Die Familie Thunberg sprach mich vor einiger Zeit an. Greta war schon
        damals hochinteressiert am Klimawandel. Seit sie mit dem Streik ange-
        fangen hat, stehen wir regelmäßig in Kontakt.
   
        SPIEGEL ONLINE: Hört sie denn auf Sie?
        Anderson: Nur wenn sie es für richtig hält. Ich habe gehört, dass ihr Vater
        Greta mehrmals geraten hat, bestimmte Dinge nicht so hart zu sagen,
        etwa als sie den Uno-Generalsekretär getroffen hat. Sie hat es trotzdem
        genauso hart gesagt, wie sie es für richtig hielt. Greta schert sich wenig
        darum, was andere von ihr denken. Sie nimmt keine Rücksicht auf
        Befindlichkeiten von Interessensgruppen oder Politikern. Für mich ist sie
        wie das Kind im Märchen "Des Kaisers neue Kleider", das ruft: "Aber er hat
        ja gar nichts an." So ist es auch mit dem Klima: Wir emittieren immer
        mehr CO2 - und reden uns das schön, beschwichtigen, zögern grosse
        Veränderung hinaus. Aber Greta sagt, wie es ist. Eben deswegen wird sie
        so verehrt. Und so verunglimpft - von denen, die keine Veränderung
        wollen.

                                                                                                                           (29         SPIEGEL ONLINE: Aber kann eine 16-Jährige dieses hochkomplexe Thema
        überhaupt überblicken? Christian Lindner, 40 Jahre alt und Chef der FDP,
        hat gesagt: "Von Kindern und Jugendlichen kann man nicht erwarten, dass
        sie bereits alle globalen Zusammenhänge, das technisch Sinnvolle und das
        ökonomisch Machbare sehen. Dies sei eine Sache für Profis".
        Anderson: Dann ist dieser Herr sicher schon einige Jahre in der Politik. Und
        somit einer der Politiker, die versagt haben. Seit dem ersten Bericht des
        Weltklimarats von 1990 wissen alle, dass sie die Emissionen senken
        müssen. Aber bei Ihnen in Deutschland sind die Emissionen vor allem
        durch Verkehr seither sogar gestiegen. Sie werden Ihr Klimaziel für 2020
        klar verpassen. Es ist dumm von Politikern, Gretas vernünftige Statements
        abzuqualifizieren, bloß weil sie eine Jugendliche ist.
        SPIEGEL ONLINE: Aber sie ist doch keine Expertin.
        Anderson: Sie ist sehr wohl Expertin - für Kommunikation. Sie schafft es, 
       Unmengen von Informationen zu prägnanten, einfachen, ehrlichen
       Botschaften zusammenzufassen. Diese Expertise hat uns bislang gefehlt.
       Greta erreicht Menschen, die wir Wissenschaftler nie erreicht haben, allen
       voran Kinder und Jugendliche.
       SPIEGEL ONLINE: Und müssen diese Jugendlichen denn unbedingt für
       ihren
Protest die Schule schwänzen?
       Anderson: Es ist traurig: dass wir Erwachsene so versagen, dass die Kinder
       es nun für nötig halten, die Schule zu schwänzen, um auf den Klimawandel
       aufmerksam zu machen. Aber ich glaube, dass sie bei den Streiks eine
       Menge lernen: über den Klimawandel, über Politik und darüber, sich zu
       engagieren. Die Streikenden, die ich kenne, sind nicht faul. Das sind junge
       Menschen, die sich Gedanken machen um die Zukunft.
       SPIEGEL ONLINE: Greta Thunberg sagt: "Ich will, dass Ihr in Panik geratet".
       Dies klingt nicht sehr wissenschaftlich.
       Anderson: Sie meint damit nicht, dass wir wie kopflose Hühner herum-
       rennen sollen. Sie meint die Art von Panik, die uns aus unserer Komfort-
       zone holt. Nur ein Beispiel: Ist es nicht lächerlich, dass noch immer 1500
       Kilogramm schwere Autos 80 Kilo schwere Menschen ein paar Kilometer
       weit transportieren? Wir müssen unseren Lebensstil radikal ändern.

                                                                                                                           (30
       SPIEGEL ONLINE: Viele Leute würden sagen: So ein Leben macht keinen
       Spaß.
       Anderson: Macht es nur Spass, massenhaft fossile Brennstoffe zu
       verheizen? Das ist doch traurig. Ich gehe in meiner Freizeit Rad fahren und
       klettern. Man kann auch mehr Zeit mit den Kindern oder den Eltern
       verbringen. Oder ein Bier mit einem Freund im Pub trinken. Und beim
       Reisen gilt oft: Je langsamer Sie vorankommen, desto mehr erleben Sie. .
       SPIEGEL ONLINE: In den vergangenen zwei Jahren wurden Greta Tunberg
       eine grosse Anzahl Preise verliehen und sie durfte auch viele Ehrungen
       entgegennehmen. Wie sehen sie diese Seite ihres Erfolges?
       Anderson: Ich bin nicht sicher, ob das so hilfreich ist. Diese Preise gehören
       zu einer Celebrity-Kultur. Meine Sorge ist, dass zu viele Menschen in Greta
       eine Klima-Ikone sehen, die große Retterin. Sie kann nicht die Retterin des
       Klimas sein - und sie selbst sieht sich auch nicht so. Ihre Rolle ist es, uns
       Erwachsenen einen Spiegel vorzuhalten. Sie ist eine Impulsgeberin für den
       Wandel. Wir dürfen nicht all unsere Hoffnungen auf Greta setzen.
       Wir müssen selbst etwas tun. Dann können wir hoffen.

6.     Kritische und anerkennende Aussagen von Wissenschaftlern und
        Publizisten zur Person Greta Thunberg.

6.1  Hier einige kritische Aussagen zu Greta Thunberg:
        -  Wolfgang Thierse kritisierte, Thunbergs Aussage, Klima vertrage keine
           Kompromisse, enthalte einen „antidemokratischen Affekt“, und merkte
           an, dass Politik „nur Schritt für Schritt, immer auch auf dem Weg von
           Kompromissen“ funktioniere. Ähnlich wie Thierse äußerte sich zuvor
           auch der Naturfilmer David Attenborough.
        - Der Historiker Niall Ferguson sieht generell die politischen Anliegen von
          Thunberg kritisch und fasst seine Ansichten hierzu folgendermaßen
          zusammen: „Ich will, dass ihr die Angst spürt, die ich jeden Tag spüre.“
          „Das ist nicht die Stimme der Wissenschaft. Es ist die Stimme der Anfüh-
          rerin einer Endzeit- und Erlösungsbewegung.“
          (Diese Kritik hat sich übrigens Greta Thunberg zu Herzen genommen und
          sie will sich im 2020 nicht mehr so Emotional äussern, sondern sich
          verstärkt mehr auf die Sachthematik fokussieren.)

                                                                                                                          (31
       -  Die Journalistin Bettina Gaus empfahl in der Tageszeitung, auch im
          Hinblick auf die Nominierungen zum Nobelpreis, die Sechzehnjährige als
          solche wahrzunehmen und den „beunruhigenden“ medialen Hype zu
          hinterfragen, auch wenn sie ein Anliegen habe, mit dem es ihr bitterernst
          sei, und sie den richtigen Ton treffe, um andere zu überzeugen und
          mitzureißen. Die derzeit Thunberg entgegengebrachte Verehrung
          erinnere an religiöse Erweckungserlebnisse, jedoch liege das Problem
          nicht bei ihr, „sondern bei den vielen Leuten, die auf sie reagieren“.
       -  Und hinsichtlich Thunberg‘s Atlantiküberquerung per Segelyacht warf
          Bettina Gaus die Frage nach deren Botschaft auf. Angesichts der Ziel-
          setzung der Klimabewegung, die Menschheit zum Umdenken und zu
          einer Änderung ihrer Lebensgewohnheiten zu veranlassen, wäre es
          sinnvoller gewesen, wenn Thunberg „per Videokonferenz“ der Klima-
          konferenz beigewohnt hätte. Dies hätte die konkrete Botschaft
          vermittelt, dass Fliegen, Reisen für die eigene Zielsetzung nicht immer
          erforderlich ist. Eine Reise per Segelyacht sei keine Alternative für
          diejenigen, die z. B. aus beruflichen Gründen häufig reisen müssten.
       -  Malte Kreutzfeldt konstatiert, dass die Reise per Yacht als Symbol, mit
          individueller Verhaltensänderung auch die Welt verändern zu können,
          durch die Gesamt-CO2-Bilanz dieser in Frage gestellt wurde. Vielmehr
          zeige es sich, dass manche Probleme nicht auf individueller Ebene,
          sondern kollektiv, durch politische Maßnahmen gelöst werden müssten.
          In diesem Sinne, als Appell an die Weltgemeinschaft, verstärkt in den
          Klimaschutz zu investieren, könne ihre Reiseform dennoch ein starkes
          Symbol für den UN-Klimagipfel sein.

6.2   Und hier diverse anerkennende Aussagen zu Greta Thunberg:
       - Der Brite Kevin Anderson, Professor für Klimawandel und Energie an den
          Universitäten Manchester und Uppsala, sagte in einem Interview: „Ich
          habe in den Gesprächen mit ihr oft den Eindruck, mit einer jüngeren
          Kollegin unseres Instituts zu diskutieren […] Greta weiss unglaublich viel
          über den Klimawandel, und sie lernt ständig dazu“, und antwortete auf
          die Frage, ob sie auf ihn höre: „Nur wenn sie es für richtig hält.“
          Konfrontiert mit einer Äußerung von Christian Lindner meint er zudem:
          „Sie ist sehr wohl Expertin - für Kommunikation. Sie schafft es, Unmengen
          von Informationen zu prägnanten, einfachen, ehrlichen Botschaften
          zusammenzufassen.“
                                                                                                                           (32
       - Der Klimaforscher Stefan Rahmstorf äußerte, Thunberg habe klarer als die
          meisten erkannt, was die globale Erwärmung für die Zukunft ihrer
          Generation bedeute. Thunberg kenne die Wissenschaft und er würde sich
          wünschen, „mehr Politiker wären so gut über die Klimaforschung
          informiert“ wie Thunberg.

       - Und der Klimaökonom Ottmar Edenhofer äußerte, dass Thunberg wie
          auch ihre Mitstreiter „die wissenschaftlichen Fakten genau“ kennen
          würden und es „mit dem Kenntnisstand eines durchschnittlichen
          Bundestagsabgeordneten locker aufnehmen“ könnten. Er würde es
          hierbei gerne auf einen vergleichenden Test ankommen lassen.

       - Der Publizist Albrecht von Lucke sieht die Stärke der Auftritte Greta
          Thunbergs vor allem in der „existenziellen Ernsthaftigkeit“ ihrer Sprache
          begründet. Ihr Ton stimme mit dem Ernst der aktuellen Lage überein und
          stehe in Kontrast zur Ironie, mit der eine „pubertäre Spaßgesellschaft“
          Zukunftsangst begegnet. Thunbergs Forderung, die Situation zu erkennen
          und danach zu handeln, analysiert von Lucke als „das einzig Vernünftige“.
       -  Felix Finkbeiner, Gründer von Plant-for-the-Planet, hebt hervor, dass es
          Greta Thunberg gelungen sei, das Thema Klimakrise in die Mitte des
          gesellschaftlichen Diskurses zu bringen. „Jetzt sprechen wir zum ersten
          Mal über Monate jeden Tag über die Klimakrise. Und das ist ein unglaub-
          licher Verdienst dieses jungen Mädchens!“

7.       Greta Thunberg’s Auszeichnungen und Ehrungen 2018/19.
           Eine einfach unglaublich grosse und vielschichtige Anzahl von Auszeich-
           nungen und Ehrungen erhielt Greta Thunberg im Verlaufe der Jahre
           2018 und 2019! Auch wenn in diesem Zusammenhang diese Celebrity
           Cultur in Frage gestellt wird, finde ich es einfach erwähnenswert welch
           breitgefächerte Interessenbereiche sie anspricht. Darum erlaube ich mir
           hier eine Auflistung ihrer erhaltenen Auszeichnungen und Ehrungen:

•    Mai 2018: Preisträgerin eines Schreibwettbewerbs zur Umweltpolitik, initiiert
      vom Svenska Dagbladet.

•    November 2018: Fryshuset-Stipendium als junges Vorbild des Jahres.
•    2018: Aufnahme in die Liste der 25 einflussreichsten Teenager des Jahres
     des amerikanischen Nachrichtenmagazins Time.


                                                                                                                          (33
•    2019: Wichtigste Frau des Jahres in Schweden anlässlich des Internationalen
     Frauentages nach einer Umfrage des Instituts Inizio im Auftrag der
     Boulevardzeitung Aftonbladet.

•    März 2019: Schwedische Frau des Jahres, ernannt durch die Organisation
     SWEA (Swedish Women's Educational Association).

•    März 2019: Neu geschaffener Sonderpreis Klimaschutz der Goldenen
     Kamera. Thunberg widmete den Preis den Aktivisten im Hambacher Forst und
     rief die Prominenten im Saal auf, ihren Einfluss zu nutzen, um sich für
     Klimaschutz einzusetzen.

•    April 2019: Ankündigung der Auszeichnung mit dem mit 500.000 NOK
     dotierten Fritt Ords Pris gemeinsam mit einer norwegischen
     Jugendorganisation. Ihr Preisgeld will Thunberg an die Greenpeace-Aktion
     Menschen statt Öl
weiterreichen.

•    April 2019: Unter den 100 einflussreichsten Persönlichkeiten des Jahres 2019
     der Time aufgenommen.

•    April 2019: About You Award in der Kategorie Empowerment in Abwesenheit.
•    12. Juli 2019: Geddes-Umweltmedaille der Royal Scottish Geographical
     Society.
Damit würdigte die Gesellschaft ihren herausragenden Einsatz zur
     Erhaltung und zum Schutz der natürlichen Umwelt und zur Entwicklung von
     Nachhaltigkeit.

•    21. Juli 2019: Prix Liberté in Caen, der in Erinnerung an den D-Day im Juni
     1944 von der Region Normandie vergeben wird, in der Gegenwart von
     Weltkriegsveteranen. Thunberg verteilte das Preisgeld von 25.000 Euro an 
     vier Organisationen, die sich für Klimagerechtigkeit einsetzen.

•    August 2019: Ankündigung der Auszeichnung als Game Changer of the Year 
     des Gentlemen’s Quarterly.

•    16. September 2019: Ambassador of Conscience Award („Botschafter des
     Gewissens“)
von Amnesty International zusammen mit Fridays for Future.

•    10. Oktober 2019: Ehrendoktorin der Universität Mons.
•    29. Oktober 2019: Umweltpreis des Nordischen Rates (Entgegennahme
     abgelehnt)

•    20. November 2019: Internationaler Kinder-Friedenspreis.
•    4. Dezember 2019: Right Livelihood Award („Alternativer Nobelpreis“). Ihr
     Beispiel zeige, dass jeder die Macht habe, etwas zu verändern, so die
     Begründung der Jury.


                                                                                                                          (34
     Auch habe sie der politischen Forderung nach Klimaschutzmaßnahmen 
     weltweit Gehör verschafft und Menschen unterschiedlicher Lebensbereiche
     dazu ermuntert, politische Maßnahmen zum Klimaschutz einzufordern.

•    7. Dezember 2019: Profil  Mensch des Jahres.
•    11. Dezember 2019: Time  Person of the Year. 

8. Psychologen sind der Frage nachgegangen „Warum ist wohl Greta
    Thunberg so ein willkommenes Objekt, um Kritik loszuwerden?“

Warum gibt es neben den weltweit abertausenden von jungen und älteren Menschen, die vom unermüdlichen Einsatz von der 17jährigen Greta Thunberg als Klimaaktivistin beeindruckt sind, ebenso auch viele, die Greta’s Aktivismus nichts abgewinnen können. Dazu nachfolgend einige wirklich interessante und für mich nicht unbedingt überraschende Antworten darauf: 
Warum ist das so? Greta Thunberg ist einfach ein willkommenes Objekt, um Kritik loszuwerden: Dass die Klimaaktivistin Greta so feindselige Reaktionen auslöst, ist zunächst unverständlich. Schließlich „tut Thunberg niemandem weh, sie ermahnt nur“, sagen Medienpsychologen. „Natürlich muss sie nicht glorifiziert werden, aber Hass ist im Zweifelsfalle noch viel weniger angemessen.“ Trotzdem gibt es aus psychologischer Sicht verschiedene Gründe, die Menschen eben zu derlei Reaktionen treiben:

So ist für viele Kritiker Greta Thunberg einfach zu jung und zu unerfahren!
Sie passt ihnen nicht ins Bild: Die Klimaaktivistin stelle mit ihrer Jugend und Leidenschaftlichkeit, mit der sie für das Thema eintritt, einen starken Gegensatz dar zu den großen, professionellen und häufig routiniert gewordenen „Macht&Elite“-Politikern, erklärt ein Psychologe. Dass eine junge Frau sich erdreiste, so wichtig zu sein, um im Konzert der großen Politiker mitzuspielen, passe für viele nicht zusammen. Sie halten sie für zu jung und zu unerfahren.

Auch wird ihr von Kritikern immer wieder ihr temporäres Verlassen der Schule angekreidet! Diesen Punkt habe ich zwar bereits eingangs unter Abschnitt 1. abgehandelt. Da ihr aber von den Kritikern immer wieder vorgehalten wird, die Schule zu vernachlässigen, halte ich den diesbezüglichen Sachverhalt hier einfach nochmals fest:
Greta Thunberg war im Schuljahr 2018/2019 im Abschlussjahrgang der 9-jährigen Grundschule, die sie trotz ihres Schulstreiks mit hervorragenden Noten abschloss.
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Denn Greta Thunberg‘s Schulzeugnis vom Mai 2019 hat wohl jede Menge Fehlstunden - und ist trotzdem exzellent. Greta Thunberg hat in diesem Schuljahr oft den Unterricht geschwänzt. Kritiker warfen ihr dabei des Öfteren vor, dass sie die Schule vernachlässige. Nun hat die 16-jährige Klimaaktivistin ihr Abschlusszeugnis erhalten.

Die ersten drei Wochen des Schuljahrs ließ sie sich übrigens gar nicht im Unterricht blicken, danach fehlte sie jeden Freitag - und dazwischen immer wieder mal, wenn irgendwo in Europa eine große Klimaschutzdemonstration oder ein Treffen mit Entscheidungsträgern und Meinungsmachern anstand. Aber geschafft hat Greta Thunberg die Schule trotzdem. Und das nicht irgendwie!

So hat also die derzeit prominenteste Schulschwänzerin der Welt die Pflicht-schulzeit jetzt hinter sich gebracht. In Schweden haben nun die Sommerferien begonnen, und auch Greta Thunberg hat die neunte Klasse der Kringlaskolan in Södertälje bei Stockholm abgeschlossen. Dies sogar mit Bravour - denn trotz der vielen Fehlstunden sind ihre Noten exzellent!
Wie die schwedische Zeitung "Dagens Nyheter" berichtet, hat Greta Thunberg in 14 von 17 Fächern ein "A" bekommen. Diese Bestnoten erhielt die 16-jährige Klimaschutzaktivistin und Sprecherin der "Fridays for Future"-Bewegung demnach unter anderem in Mathematik, Englisch, Französisch, Physik und Geschichte. Nur die Fächer Schwedisch, Sport und Verbraucherkunde schloss sie dem Bericht zufolge mit einem "B" ab, das ist aber auch so noch die zweitbeste Bewertung.

Die Kringlaskolan hat sich auf Jugendliche, wie Greta Thunberg, spezialisiert, die mit der Diagnose des Asperger-Syndrom, eine Form des Autismus, leben müssen. Mit diesen ausgezeichneten Noten widerlegt Greta Thunberg ihre Schulstreik-Kritiker: Die warfen ihr immer wieder vor, sie lasse die Schule schleifen. Woraufhin Greta entgegnete, sie hole den gesamten verpassten Stoff jeweils in Heimarbeit nach. Dies hat sie nun also tatsächlich getan.
"Ich habe wirklich dafür gekämpft, diese Noten zu kriegen", zitierte "Dagens Nyheter" die Aktivistin. Hätte sie nicht gestreikt, wäre ihr Zeugnis womöglich noch besser ausgefallen, erklärte Thunberg: "Aber das war es wert."
                                                                                                           
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Am Ende Mai 2019 kündigte sie am Rande der Demonstration in Wien an, nach dem Abschluss zunächst ein Jahr die Schule auszusetzen (Gap Year), da sie Klimaaktivismus und Schulbesuch nicht vereinbaren könne. Eine weitere Schulpflicht gilt für sie nicht mehr, denn diese endet in Schweden - wie in den meisten anderen europäischen Ländern auch - nach neun Jahren! Ab dem Schuljahr 2020/2021 will aber Greta Thunberg nach eigenen Angaben ein Gymnasium besuchen!

LA: Ich hoffe nun, dass die stetigen Kritiker von Greta Thunberg, auch bei diesem Thema nun endlich mal die Klappe halten! Denn wer von diesen ewigen Nörglern und Besserwissern hat wohl auch solche exzellente Noten am Ende seines 9. Schuljahres bekommen?

Auch die Leidenschaft von Greta ist den Leuten „suspekt"! Mit Leidenschaft für etwas einzutreten, irritiert die Menschen: „Vielen Menschen gefällt nicht, dass jemand sich mit vermeintlicher oder echter Leidenschaft etwas annimmt“, sagen Wissenschaftler - und wieder andere fänden es sehr beunruhigend, wenn jemand mit Überzeugung für etwas eintrete.  

Und soziale Anpassung spornt natürlich viele an! Es ist doch einfacher gewissen Leuten von gleichgeschalteten Medien nachzuplappern, als sich selber in alternativen Netzwerken zusätzlich zu informieren: Äußerungen in sozialen Medien verleiten andere Menschen dazu, sich selber in ähnlicher Richtung mit den übernommenen Kommentaren zu outen. Dies anstatt sich selber mit Recherchen über viele andere uns zur Verfügung stehende Kanäle zu informieren.
LA: Und dies ist eigentlich mit der Hauptgrund, wenn ich mich dann halt bei allzu impulsiven und lautstarken Diskussionen - wo dann auch nicht mehr mit Sachargumenten auf Kritik und Anerkennung der Thematik eingegangen werden kann - sukzessive zurückziehe! 

Störenfriede haben in meiner Umgebung nichts zu suchen: Die vielen Otto-Normalbürger möchten lieber ihre Ruhe haben, Störenfriede mögen die meisten nicht. „Die Leute fühlen sich gestört, weil ihnen Leidenschaft suspekt ist und weil es sie stört, für etwas außerhalb von der doch für sie klar gegliederten Gesellschaft einzutreten.“

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Und frustrierte Bürger gibt es leider überall: „Auch in vielen europäischen Ländern haben wir eine extrem gereizte Gesellschaft, die in vielerlei Hinsicht frustriert ist, die annimmt, dass man ihr etwas wegnehmen könnte und die sich Ventile sucht.“ Menschen, die frustriert sind, bräuchten Sündenböcke, gegen die sich der Hass wenden könne. „Das können zB heute Sozialhilfeempfänger sein, das können morgen Flüchtlinge sein“, erläutert der Psychologe. Und gerade einzelne Personen wie Greta Thunberg böten sich für eine solche Frustkanalisierung besonders an.

Es besteht heute ganz allgemein ein übergreifender Generationskonflikt:
Viele Wissenschaftler sehen nämlich einen heute übergreifenden Generationskonflikt hinter dem Klimaprotest: „Es ist weniger das Thema Klimaschutz als die Tatsache, dass so wenig passiert ist. Es ist ein Widerstand gegen die Passivität der Politik und auch gegen ihre Kurzsichtigkeit, ihre Gegenwartsfixierung. Greta Thunberg und viele mit ihr haben verstanden, dass hier eine ältere Generation auf Kosten der jungen Leute lebt, nicht handelt und Dinge, die unbedingt zu tun wären, einfach immer wieder aufschiebt.“

„Stellvertretend für die Klimadebatte auf eine Person einzuprügeln, ist immer einfacher, als sich auf Sachargumente zu konzentrieren“, sagt der Psychologe. Viele, die die Klimadebatte generell ablehnen, fänden in Thunberg ein willkommenes Objekt, um ihre Kritik loszuwerden. Statt auf Sachargumente einzugehen und sich unbequemen Wahrheiten zu stellen, suchen Menschen lieber die Fehler von Greta Thunberg, um sie zu diskreditieren.
Natürlich spiele dabei auch die Sorge vor Veränderung des Status Quo eine Rolle: Einerseits gebe es die Angst vor der negativen Veränderung und dem Verlust. Andererseits sorgten sich viele auch darum, „dass man sich da, wo man sich doch bequem eingerichtet hat, nun über eine andere Generation oder die zukünftige Gesellschaft Gedanken machen muss“!

Gerne werden zu dem Trivialitäten aufgeblasen und Schwachstellen gesucht: „Die Diskrepanzen veranlassen dazu, sich wieder zufrieden zurückzulehnen und zu sagen: Ja, wenn die das schon nicht machen, dann muss ich ja auch nichts unternehmen. Und das ist eine heuchlerische und fast schon zynische Argumentation, wenn ich meine eigene Verhaltensweise erst dann hinterfrage, wenn sich die anderen zu hundert Prozent konsequent moralisch verhalten haben.“ 

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Auch das sei ein in der Psychologie bekanntes Phänomen. „Man verlagert die Verantwortung auf andere und ist damit raus. So wäre es in der Weltgeschichte allerdings nie zu Veränderungen gekommen, wenn jeder nur gesagt hätte: Warum sollen gerade wir damit anfangen.“

LA: Das muss nun an dieser Stelle einfach noch sein! Abschliessend gestatte ich mir mein persönliches Resümee an alle grimmigen und aggressiven Greta Thunberg-Kritiker: „Es ist wohl eher das schlechte Gewissen, dass euch antreibt, irgendwelche Schrott-Meinungen - ohne euch vorher richtig zu informieren - zu verbreiten!“ Also ich persönlich ziehe den Hut vor Greta, die sehr viel Zivilcourage zeigt und sich nicht beirren lässt von solch bösartigen "nachgeplapperten" Hass-Kommentaren.
- „Diese kleine Person ist einfach grossartig!“

3. Januar 2020
Franz X. Lang / SY KYORY / Switzerland